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Führungskompetenz in der Netzwerkökonomie
Bei der Führung von Menschen kommt Unternehmern und Managern eine herausragende Rolle zu. Ohne zielgerichtetes Zusammenführen der Aktivitäten aller Beteiligten wären nutzbringende und brauchbare Ergebnisse eher zufallsbedingt. Mit diesen Worten können Sinn und Ziel von Führung in turbulenten Zeiten umschrieben und auf den Punkt gebracht werden. Welche Führungskompetenz aber brauchen wir in der neuen Netzwerkökonomie? In welchem Umfeld wird sich Führung in Zukunft bewähren müssen?

        


 
er ständig steigenden Komplexität werden die Führungsmethoden der Vergangenheit nicht mehr gerecht. Denn die Erfolgsmechanismen der Vergangenheit beruhen meist auf Reduktion von Komplexität, auf der Lenkung durch Steuerung und auf linearem Denken und Handeln. Aber gerade diese primäre, vielfach noch weit verbreitete Vergangenheitsorientierung wird in Zukunft immer stärker zum Risikofaktor für Organisationen und Unternehmen. Denn der Grundsatz, aus den Erfahrungen der Vergangenheit auch zukünftige Aufgaben zu bewältigen wird immer weniger ausreichen, diese Herausforderungen wirklich zu meistern.

Wer kann vor diesem Hintergrund, angesichts der steigenden Veränderungsgeschwindigkeit, der zunehmenden Verunsicherungen und Turbulenzen schon sagen, wie die Unternehmens-Welt von morgen aussehen wird? Manager sehen sich größeren Strukturkrisen und Handlungsunsicherheiten gegenüber. Ausnahmesituationen werden zur Normalität im Unternehmensalltag und die unternehmerischen Herausforderungen werden ständig komplexer und schwieriger.

Umfeldkomplexität, -dynamik und -turbulenzen haben seit der Jahrtausendwende dramatisch zugenommen. Für viele Entwicklungen gibt es keine Vorbilder, Muster oder Modelle mehr, an denen wir uns orientieren könnten. Eines wissen wir aber in dieser Situation genau: Unternehmer und Führungskräfte sind in ihrer Verantwortung gefordert, den Weg in die Zukunft zielorientiert zu gestalten. Die Fähigkeit zur Anpassung wird zum Überlebensfaktor für alle.

Der notwendige Wandel muss sich aber zuerst im Denken und in den Köpfen vollziehen. Dabei darf und kann es nicht primäres Anliegen sein, an defekten Teilen herumzureparieren und dabei die Weichenstellungen für die Zukunft aus den Augen zu verlieren. Manager müssen sich auch immer wieder deutlich machen, wie sehr ihr gesamtes Handeln mit anderen Dingen und Vorgängen verbunden und vernetzt ist und dort Auswirkungen hat. Ganzheitliches Denken einzuüben und Turbulenzen und Unsicherheit als positive Signale zu verstehen, dies sind die grundlegenden Forderungen an den Manager von morgen.

Damit sind wir bei einem zentralen Punkt für die Kompetenz der Führung angelangt:
:: Welche Verhaltensweisen und Persönlichkeitsmerkmale zeichnen eine erfolgreiche Führungspersönlichkeit aus?
:: Welche Führungsqualifikationen werden notwendig und sozial erwünscht sein, um den Umbrüchen und Krisen erfolgreich begegnen zu können?

Kardinalfehler einer falsch verstandenen Führung
Was landläufig unter Führungskraft verstanden wird, ist in Wirklichkeit meist eine Bezeichnung für Fachkräfte mit ausgezeichneten Spezialkenntnissen, jedoch bar einer echten Kenntnis in Menschenführung und damit eines echten Führenkönnens. Es handelt sich bei der Mehrheit um professionelle Techniker, Kaufleute und Wissenschaftler, die führungsmäßig oft Laien sind, weil sie in diese Positionen aufgrund ihrer fachlichen Leistungen gekommen sind.

Und es muss schon nachdenklich stimmen, wenn Ideenarmut als eine Hauptursache für die Fehlschläge bei innovativen Produktentwicklungen ausgemacht wurde. Oder wenn in Befragungen nur etwa einem guten Viertel aller Führungskräfte bescheinigt wird, ihre Mitarbeiter im Großen und Ganzen erfolgreich zu führen. Nach eigener Einschätzung führen etwa ein Drittel autoritär, nach Beurteilung der Mitarbeiter zählen aber etwa zwei Drittel zu den autoritären Typen.

Insgesamt werden Vorgesetzten große Defizite im menschlichen Umgang bescheinigt: Eine privilegierte Führungsschicht, mit wenig kooperationsbereiten Managern, die von sich selbst und vor allem von ihren individuellen Leistungen überzeugt sind. Diese Schicht lässt oft keine anderen Meinungen neben der eigenen gelten. Eine offene, kommunikative Arbeitsatmosphäre ist ihnen fremd. Deutet dies auf eine Unfähigkeit zum Führen, auf ein klares Führungsversäumnis oder gar Versagen des Managements hin? Haben Manager hier ihre Verantwortung richtig wahrgenommen?

Gestern profilierten sich Führungskräfte dadurch, dass sie ihre Mitarbeiter fest im Griff hatten. In Zukunft wird und kann aber Führung auf dieser Basis nicht mehr funktionieren. Die Veränderungen in der externen Umwelt unserer Unternehmen verlangen in erster Linie von den Führungsverantwortlichen – aber auch von den Mitarbeitern – ein neues Denken und Handeln, das umfassender, ganzheitlicher, toleranter, offener, kreativer und flexibler agiert als bisher.

Schon wieder die berühmten »Soft-Faktoren«, werden einige denken und einwenden. Was sollen wir mit diesen in einer Zeit des härteren globalen Wettbewerbs, der schnellen Produktzyklen, der wirtschaftlichen Schwierigkeiten und krisenhaften Veränderungen? Wenn aktuelle und dringende Probleme alle Energie in Anspruch nehmen, ist dann nicht eher entschlossenes und hartes Krisenmanagement gefragt?

Können wir die Probleme der Zukunft noch mit altbewährten, bisher eingesetzten Methoden lösen? Taugen die alten, probaten Mittel noch für die schwieriger und komplexer werdenden Aufgaben? Ist es Aufgabe der Führung, in Zeiten des Wandels und der rasanten Veränderungen alte Zustände wiederherzustellen, weil in der Vergangenheit ja alles so gut lief?
Die Antwort darauf lautet eindeutig: Nein! Denn die Erfolgspotenziale von morgen haben wenig zu tun mit dem Erfolg von gestern, sie haben wenig zu tun mit verkrusteten Strukturen, und sie haben auch nichts gemeinsam mit Macht und Prestige, Imponiergehabe und Fassadentechnik oder einem »Weiter wie bisher«. Es geht auch nicht nur um neue Regeln für neue Situationen, sondern um Bewusstseinswandel und Einstellungsveränderung.

Aussteigen aus bisherigen Denkschemata, Einsteigen in neue und andere Denkmechanismen ist deshalb eine notwendige Voraussetzung für eine andere Führungskultur, für ein besseres Führungsverständnis und für eine wirksamere unternehmerische Gestaltungskraft auf allen Ebenen und in allen Bereichen. Das Ziel dieser Führungskultur könnte eine bessere Lebensqualität für alle sein, die weltweite Probleme in einer ganzheitlichen Sicht wahrnimmt und zu lösen versucht, die ein für Gesellschaft und Wirtschaft gültiges Wertesystem ermöglicht und die sich so ihrer Verantwortung bewusst ist und stellt.

Schlechtes Management hat fast immer dieselben Ursachen: Kommunikationsmängel und Kommunikationsunfähigkeit, unzureichende Flexibilität und fachliche Inkompetenz. Ein Kardinalfehler ist kleinkarierter Egoismus. Frühzeitig lernen viele, sich gegenüber Mitschülern, Kommilitonen und Kollegen durchzusetzen, aber niemand bringt ihnen bei, wie man es anstellen soll, aus Rivalen loyale Teamgefährten zu machen. Und das ist die eigentliche Aufgabe aller Führungskräfte. Sie sind darauf programmiert, zuerst und ausschließlich an die eigene Karriere zu denken; der Erfolg ihrer Mannschaft oder Firma ist für sie nur ein Mittel zum Zweck der Befriedigung ganz persönlichen Machtstrebens.
Es fehlen also genau die Führungskompetenzen, die wir gerade in schwierigen Zeiten dringend brauchen.

Technokratische Planung, Steuerung und Kontrolle werden in der Wissens- und Netzwerkökonomie immer weniger bewirken. Denn hinter allen betrieblichen Zahlen stecken Menschen – nicht nur auf der Soll-, auch auf der Haben-Seite, nicht nur innerhalb des Unternehmens, auch im Außenverhältnis. Das wichtigste Potenzial eines erfolgreichen Unternehmens sind kompetente und motivierte Mitarbeiter. Wo diese sich entwickeln und entfalten können – und dafür ist das Management in erster Linie verantwortlich – identifizieren sie sich mit ihrer Aufgabe und streben von sich aus nach neuen kreativen und innovativen Lösungen. Dazu müssen aber auch Visionen und Ziele klar sein und von den Betroffenen verstanden werden. Der strategische Fit für ein zukunftsorientiertes Unternehmen im visionären Sinne könnte lauten: Der Mitarbeiter muss in den Gedanken des Chefs vorkommen und umgekehrt. Nur so lässt sich eine kreative Spannung zwischen Vision und Wirklichkeit ermöglichen, die im Unternehmen eine neue und nutzbringende Energiequelle erschließen kann.

So hat die Führungspersönlichkeit im zukünftigen Netzwerkorganismus Unternehmen nicht mehr die Aufgabe, vorzutanzen und Anweisungen zur Ausführung zu bringen, sondern durch Coaching den anvertrauten Mitarbeitern den Sinnzusammenhang ihrer Tätigkeit bewusst zu machen und die Synergie-Effekte zu fördern – mit Vorleben durch eigenes Engagement. Der Führende ist nicht mehr nur der, der Befehle und Anweisungen von oben weitergibt und dafür sorgt, dass sie pünktlich ausgeführt werden, sondern er ist Mittler zwischen den Beteiligten.

Relativität der Planung
Schon Rockefeller wusste um die Schwierigkeiten, dieses Agieren wirksam auf ein gemeinsames Ziel hin zu steuern, und maß ihm deshalb den höchsten Wert von allen Führungsaufgaben bei. Von ihm stammt der Satz: »Für die Gabe, Menschen richtig zu behandeln, bezahle ich mehr als für jede andere Fähigkeit unter der Sonne.«

In welchem aktuellen Umfeld aber wird sich Führung in Zukunft bewähren müssen?
:: Änderungsprozesse laufen nicht mehr linear ab, sie werden zunehmend komplexer.
:: Es gibt keine zuverlässigen Prognosen aufgrund empirischer Befunde mehr. Immer dort, wo Ausgangsbedingungen nicht exakt definiert sind, können wir aus den Erfahrungen der Vergangenheit nicht mehr auf die Zukunft schließen.
:: Da Änderungsprozesse nicht mehr linear verlaufen, verhalten sie sich wie die Gravitationskraft: Die Geschwindigkeit beschleunigt sich durch das Eigengewicht von selbst. Aber auch die Geschwindigkeit der Veränderungen ist nicht mehr vorhersehbar. Wir müssen lernen, uns auf Veränderungen einzustellen, ohne zu ahnen, welche Veränderungen wo und wann eintreten und wohin sie führen werden.
:: Wir müssen uns immer mehr auf Turbulenzen einstellen. Veränderungen sind erst dann zu erkennen, wenn sie bereits eingetreten sind. Vorbeugendes Handeln im herkömmlichen Sinn wird deshalb immer schwieriger, wenn nicht sogar unmöglich.
:: Planungssysteme und Ordnungsstrukturen greifen immer weniger, wir verlieren immer mehr die Steuerbarkeit. Was sich bisher bewährt hat, gilt nicht mehr. Die oft ausgefeilte strategische Planung ist nicht mehr ausreichend, denn sie erfordert meistens zu viel Zeit, um sich bietende Chancen im richtigen Zeitpunkt auch wahrnehmen zu können. Sie ist zu starr und unflexibel. Meist ändern sich die Bedingungen schneller, als die Planung überhaupt verabschiedet werden kann. Die Frage ist also: Wie umfassend, fest oder flexibel sollte eine Strategie⁄Planung überhaupt sein und wie flexibel können unvorhergesehene Ereignisse aufgegriffen oder integriert werden?

Fazit: Führung scheint ein immer schwierigeres und immer weniger lohnendes Geschäft zu werden, und zwar in allen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereichen. Immer öfter stehen wir vor der Frage, ob Führung überhaupt noch sinnvoll ist, zumindest im traditionellen Verständnis. Es scheint, dass der Fortschritt gegenwärtig einen kontraproduktiven Charakter annimmt, die Qualität der Zivilisation nicht mehr steigt, sondern eher abnimmt.
Die Eskalation des Wandels betrifft alle Bereiche: den Arbeitsmarkt, die Arbeit selbst, die Wertvorstellungen, die Beziehungen, die Absatzmärkte, die technologische Entwicklung und die Erkenntnisse.

Die Konsequenz: Die in der Regel langfristig angelegten Strategien geraten immer mehr mit den sich immer schneller ändernden Innovationszyklen, dem rasanten Wissens- und Erkenntniszuwachs, der Dynamik und Globalisierung der Märkte in Kollision. Der Intuition lassen sie nur wenig Spielraum, da sie meist abstrakt formuliert und gehandhabt werden. Neben dem Blick auf die bisher hochgepriesene strategische Planung und auf das operative Tagesgeschäft wird es aber überlebensnotwendig, frühzeitig sich erst vage abzeichnende Herausforderungen wahrzunehmen und in das eigene Kalkül einzubeziehen.

Die starke Verflechtung aller Aktivitäten erfordert eine Betrachtungsweise in unterschiedlichen Alternativen oder Szenarien. Planung kann dann nur noch die Funktion von Leitplanken für das Unternehmensgeschehen und die Entwicklung des Unternehmens haben.

Wege zu einer neuen Führungsqualität
Oft stellen wir schmerzhaft fest, dass die gegenwärtig in den Unternehmen vorherrschenden Führungs- und Verhaltensstrukturen nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Viele versuchen, die Probleme und Fragen des 21. Jahrhunderts mit den Methoden und Rezepten des vergangenen Jahrhunderts zu lösen. Führungsverhalten, das auf der heute nicht mehr akzeptierten Befehlskette »Anordnen–Ausführen–Kontrollieren« beruht, führt eher zu Leistungsminderung und Resignation als zu Motivation und Engagement. Dazu gesellt sich meist ein Verschanzen hinter Abteilungsgrenzen, das echte Kommunikation nicht entstehen lässt.

Schwimmende Strukturen und unbekannt veränderliche Abläufe stellen sich einem immer noch weit verbreiteten absoluten Anspruch auf Gestaltung, Einfluss und Macht stärker entgegen. Wer die fachliche Kompetenz allein zur Basis seiner unternehmerischen Strategie macht, wird in Zukunft nicht mehr stabil bleiben. Ein so denkender Manager vergisst den existentiellen Wert des Zwischenmenschlichen.

Dies führt uns aber auch direkt zu der Frage der Legitimation der Führung für die Unternehmens-Welt von morgen. Die folgenden Leitsätze mögen dies verdeutlichen:
:: Führen bedeutet in erster Linie dienen. Dies wird gerade für die Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft immer wichtiger, denn in »Dienstleistung« steckt primär das Dienen. Dienen bedeutet dabei, als Berater, Partner und Experte mit Rat und Tat zur Verfügung zu stehen. Nur wer dienen kann, kann auch führen. Dazu gehören Vertrauen und Integrität.
:: Nur wer Kompetenz besitzt, kann glaubhaft überzeugen und inspirierende Ziele entwickeln. Diese Kompetenz ist in erster Linie eine sozial-kommunikative und emotionale. Diese Kompetenz ist nicht auf schnellem Wege zu erwerben, sie muss vielmehr kontinuierlich aufgebaut werden.
:: Nur wer selbst gibt, kann auch verlangen und die Potenziale der ihm anvertrauten Menschen entfalten. Dieser Pool an Ressourcen und Leistungsfähigkeit ist viel größer, als wir oft wahrnehmen. Er ist fast unerschöpflich, weil er sich ständig verändert und durch Lernen immer umfangreicher wird.
:: Nur wer durch eigenes Verhalten Vorbildwirkung erzeugt, Leistung und Verantwortung selbst lebt, kann Visionen vermitteln. Führung wird viel stärker an der ganzen Persönlichkeit gemessen. Sie wird diese auch einbringen müssen.
:: Nur wer selbst aktiv lernt, indem er seinen Standpunkt verlässt und mit dem Ungewissen operiert, öffnet anderen die eigene (unternehmerische) Sicht, die so oft vergeblich eingefordert wird.
:: Wer unternehmerisches Denken und Handeln auf allen Ebenen fordert, muss zunächst lernen, sich selbst anders einzuschätzen und zu verhalten. Denn so lange Mitarbeiter auf kurzfristige Erfolge programmiert werden, solange werden sie keine echte Bereitschaft zeigen und Kompetenz erwerben, dem Kunden wirklich mit Rat und Tat zu dienen.
:: Nur wer selbst begegnungsfähig ist, kann andere mitnehmen, sie zu Verbündeten der eigenen Ideen machen. Wer das Miteinander mit anderen sucht, verfügt nicht nur über ein größeres Reservoir an Wissen und Können, er kann auch sehr viel mehr mit größeren Erfolgsaussichten bewegen.

Die Folgerung aus diesen Leitlinien: Der Manager der gerade begonnenen Dekade ist Ideengenerator, Katalysator und Förderer für seine Mitarbeiter, er ist Pionier, Koordinator, Moderator und Impulsgeber für neue Prozesse und er ist Integrator, Dirigent, Betreuer und Kommunikator. Personalkompetenz muss zu seinem inneren Besitz werden, das heißt, Aktivieren der bislang oft ungenutzten Mitarbeiterpotenziale.

Die Herausforderung für Manager heißt deshalb Mitarbeiter- und Kundenorientierung zugleich. Manager müssen also in verschiedenen vernetzten Rollen glaubwürdig agieren können, das heißt, die vernetzten Folgen ihrer Entscheidungen möglichst weitreichend überblicken können und gleichzeitig die Fähigkeit besitzen, andere Menschen in ihrer Befindlichkeit anzunehmen, sie zu verstehen, zu beraten und zum Erfolg zu führen, ganz gleich, ob dies Kunden, Mitarbeiter oder Geschäftspartner sind. Nur derjenige wird erfolgreich auf verschiedenen Ebenen agieren und seine Verantwortung wahrnehmen können, der ein flexibel einsetzbares Repertoire an sozialen und strategischen Verhaltensweisen erlernt hat und beherrscht. Führungsqualifikationen sind so verstanden gleichzeitig auch Marktqualifikationen für einen turbulenteren, globalen Wettbewerb.

Wir benötigen einen Manager-Typus, der strategisch denkend, risikobewusst, fähig zur Begeisterung und orientiert am Team Innovationen glaubwürdig und sozialverträglich durchsetzen kann. Und wer eine innovative Unternehmenskultur schaffen will, wer eine lebendige Unternehmensphilosophie vorleben will, der muss dies seinen Mitarbeitern glaubhaft und nachvollziehbar kommunizieren und seine Visionen mit ihnen austauschen. Er ist sich dabei auch bewusst, dass er mit motivierten und zufriedenen Mitarbeitern Ziele besser erreichen kann.

Diese Führungsqualität hat schon Friedrich von Schiller in seinem Wallenstein durch Max Piccolomini treffend formuliert (1. Aufzug, 4. Auftritt):

Und eine Lust ist's, wie er alles weckt
Und stärkt und neu belebt um sich herum.
Wie jede Kraft sich ausspricht, jede Gabe
Gleich deutlicher sich wird in seiner Nähe!
Jedwedem zieht er seine Kraft hervor,
Die eigentümliche, und zieht sie groß,
Lässt jeden ganz das bleiben, was er ist,
Er wacht nur drüber, dass er's immer sei
Am rechten Ort; so weiß er aller Menschen
Vermögen zu dem seinigen zu machen.

Sehr deutlich werden hier der Blick und das Gespür für das Individuum mit seinen persönlichen Stärken und seinen Potenzialen. Gefragt sind also Persönlichkeit und Führung durch Vorbild. Gefragt ist der Abbau von Berührungsängsten. Gefragt sind echte Kommunikation und Austausch, die sich ungeachtet von Hierarchieebenen abspielen.

Die Konsequenz daraus: Angepasste Ja-Sager, Schwätzer, Fehlervermeider, Eigenbrötler, Kreativitätsverhinderer oder Innovationsbremser werden wir uns in Zukunft besonders an den Schaltstellen von Wirtschaft und Politik, von Gesellschaft und Organisationen immer weniger leisten können. Dies gilt aber auch für den einzelnen Mitarbeiter, wenn er seine Aufgaben ernst nimmt und etwas gestalten will. Wir müssen dazu aber bei den Menschen ein Bewusstsein der Herausforderung schaffen.

Dazu müssen wir die Gelegenheiten zum Lernen beim Schopfe packen und uns die Offenheit bewahren, Altes zu ver- und entlernen. Denn Lernen wird in Zukunft immer stärker einhergehen müssen mit Ver- und Entlernen. Das heißt auch, immer wieder neu zu lernen, mit der eigenen und fremden Unvollkommenheit verantwortlich umzugehen. Und Anpassung an Veränderungen heißt lernen und entwickeln, um in neuen Situationen richtig entscheiden und handeln zu können. Notwendige Voraussetzung ist eine Lernfähigkeit, die nicht in der Ansammlung von immer mehr Informationen und Wissen besteht, sondern die ständig überlebensnotwendige Daten und Informationen auch verarbeiten und verantwortungsvoll einsetzen kann.

Deshalb müssen wir lernen, dass unser Denkrahmen trotz aller bisherigen Erfolge nicht mehr ausschließlich Grundlage unserer Entscheidungen sein kann. Wir müssen Alternativen wieder entdecken, um bessere Ergebnisse zu erreichen. Widersprüche und Konflikte können uns dabei als Chancen weiterhelfen. Die ach so geliebte und immer wieder angestrebte Eindeutigkeit hat da nur wenig Platz. Dies heißt allerdings nicht, einer Zweideutigkeit im Sinne von Unverbindlichkeit und Unbestimmtheit das Wort zu reden. Vielmehr ist das Denken und Handeln in Alternativen gefragt, weil die bislang gepflegte Einschränkung und das Streben nach Eindeutigkeit an der zukünftigen Realität vorbeigehen.