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Jobsucher und ihre Berater
Frohe Botschaft: In der Arbeit am Menschen liegt der Schlüssel zur Vollbeschäftigung. Das klingt so klug wie Deutschlandfunk und eben dort hat es auch vor einer Minute ein Experte geäußert. Und jetzt denken Sie einmal weiter: Gibt es eine schönere Arbeit am Menschen, als die Menschen zur Arbeit zu bringen? Bei diesem Job sind jedenfalls alle Beteiligten voll miteinander beschäftigt.

        


 
rbeiten auch Sie künftig hart am Menschen und engagieren Sie sich. Warum nicht als Bewerberberater. Sie können locker so viel mehr aus anderen machen und dabei der Erfolgstyp bleiben, der Sie sind. Vielleicht erkennen Sie sich ja schon in einer dieser Berater-Gestalten wieder...

Kompetenztyp 1: Der Kopierer
Der Ausgangspunkt: Sie sind vielbeschäftigter Lehrer einer allgemeinbildenden Schule oder Sie mischen als Redakteur ein Thema auf oder Sie teilen sich mit zwei weiteren SozialarbeiterInnen eine Fünf-Drittel-Stelle im Modellprojekt Betreute Autonomie für Jugendliche. Sie brauchen jetzt schnell was zum Thema Bewerbung. Nicht zu lang, nicht zu breit, nicht zu kompliziert. Und bitte gleich als Kopiervorlage. Ihr Handicap: Ihre natürliche Affinität zum Thema. Die ist gleich Null. G. sei Dank gehören Sie selber nämlich nicht zu den Leuten, die sich jemals groß bewerben mussten.

Die Methode: Greifen Sie nach Büchern und Broschüren. Suchen Sie nach dem klassischen Bewerbungsbeispiel. Sie erkennen es an den geheimen Schlüsselwörtern »Interesse« - »Umgang« - »bewerbe ich mich«. Sollten Sie Bewerben zum Thema einer Schulstunde machen, dann spielen Sie nebenbei Ihren Witz aus: »Vergesst nicht, euren eigenen Namen einzusetzen, sonst schickt man sämtliche Absagen an Monika Mustermann.«

Tipp für Kopierer: Einfach nur abschreiben möchten vor allem Bewerber, die (noch) keine Ahnung von ihrer Arbeit haben oder die kaum eigene Worte für ihre Arbeit finden. Im wortwörtlichen Abkupfern beweist ein Kandidat zumindest die lobenswerte Bereitschaft, genau das zu liefern, was anscheinend von der Wirtschaft verlangt wird. Er will ja nicht mehr als sicher sein, dass alles so stimmt.

Da ist natürlich auch Ihre Sorge groß, als Pädagoge oder Redakteur alles falsch zu machen. Denn irgendwie müssen Sie ja formal unangreifbar handeln. So gesehen ist richtiges Bewerben am ehesten eine Frage des richtigen Vordrucks. Bedienen Sie dieses kultische Bedürfnis nach formalem Handeln. Mehr wollen die auch gar nicht.

Und falls Ihre Klientel sich mit Einheitsbrei abspeisen lässt? Dann predigen Sie Ihren Leuten bitte nicht, »individuelles«, »kreatives« oder »authentisches« Auftreten abzukupfern. Jeder Bewerber entwirft sich. Auf einen konkreten Job hin. Gegenüber einem professionellen Menschenbeurteiler. In einer realen Situation. Alle drei Rahmenbedingungen verlangen Ehrlichkeit, Einfachheit, Angemessenheit und ein ansprechendes Auftreten. 2E2A erspart einem, sich selbst zu verkaufen und andere für dumm zu verkaufen.

Kompetenztyp 2: Der Systemiker
Der Ausgangspunkt: Sie haben beruflich viel mit Verkauf, Werbung, Vermarktung zu tun. Oder Sie haben Theologie studiert und dann umgesattelt.

Die Methode: Teasern Sie das Thema kurz an und verweisen Sie auf das kommende 52-Wochen-Seminar. Ihre Thesen lauten in aller gebotenen Kürze: »Zum Beispiel Waschmittel verkaufen. Das ist eigentlich Verführen. Verführung gilt als eine Strategie der Vermarktung. Sich vermarkten heißt aber sich aufstellen. Sich aufstellen bedeutet zunächst sich finden. Sich finden ist nun, wie jeder weiß, ein Paradigma der Transaktionsanalyse.

Transaktionsanalyse selbst gilt ja als ein gelungenes Beispiel für Branding. Markenbildung definiert man heute jedoch in erster Linie als Inszenierung. Inszenieren könnte man nun als mediales Event verstehen. Ein Event schreit aber immer nach begleitendem Coaching. Der Coach bin in Ihrem Fall ich. Meine Methode ist der Mix. Und wie Sie unschwer meiner Visitenkarte entnehmen konnten, berate ich systemisch.«

Tipp für Systemiker: Ihre eigentliche Klientel stammt aus der Management-Kaste. Die Auftraggeber haben sich in Organigramme verstrickt oder sind gerade aus einer Aufstellung geflogen oder haben, wie man abteilungsübergreifend flüstert, schon Leichengeruch.

Ihre theoriegestützte Bewerbungsberatung favorisiert die Gleichzeitigkeit von Verstehen und Handeln: Die Bewerber sollen ihr Scheitern verstehen, noch während sie über ihr Handeln stolpern. Egal, welches Beratungsmodell Sie als Trainer verkaufen, Ihre Kernbotschaft lautet: In jedem beruflichen Crash steckt ein Aufbruch, sofern er nicht allzu sehr zu Herzen genommen, in seinem Prozesscharakter durchanalysiert und als persönliche Chance umgemünzt wird. Lassen Sie stets fleißig persönliche Ziele entwerfen und interpersonale Konfliktkonstellationen im Acting Out durchspielen. Dann können Sie als Coach nicht versagen. Vor jeder Wirklichkeit des Bewerbers schützt schließlich die Relevanz Ihrer Theorie.

Kompetenztyp 3: Der Praktiker
Der Ausgangspunkt: Sie haben in Nantuckett auf einem Whaler angeheuert und seitdem die Welt mit wachem Blick durchsegelt. Jetzt werden Sie ab und zu von Landratten angesprochen, die sich bei Ihnen erkundigen, wie salzig die See ist.

Die Methode: Sie gehen davon aus, dass jeder Kapitän zuerst auf seine Erfahrung zurückgreift. Dass er sein Schiff und die Arbeit, die dort anfällt, ziemlich genau im Kopf hat. Und dass er die Person genau skizzieren kann, die auf einen bestimmten Job passt. Sie bedenken auch die geheimen Ängste aller Schiffsführer mit: Ein Neuer kann schlapp machen, sich nur durchfüttern lassen wollen, die Mannschaft durcheinander bringen, offen meutern, unerwartet abspringen, überhaupt nichts taugen, etwas mutwillig oder aus schierer Dummheit beschädigen, das gemeinsame Ziel gefährden. Sie finden, Kontakten ist mehr als ein Abstecken von Claims. Sie sehen Präsentieren nicht nur als eine Vermarktungsaktion. Das Anbahnen von Arbeitsverhältnissen halten Sie für mehr als bloß ein rational begründetes Schließen von Zweckbündnissen. Sie raten Bewerbern, Good-Will-Aktionen zu starten. Sie erklären: Am Ende setzt sich nicht der Bootsmaat durch, dem man am meisten zutraut. Es gewinnt der, dem man es zutraut und dem man am meisten vertraut.

In rauen Zeiten ist die Arbeit am Menschen ganz schön heftig. Man kann nicht mehr so einfach wie früher ein paar Allgemeinplätzchen ausgeben, um die allgemeine Moral zu heben. Moderne Bewerber wollen nicht abnicken, sondern umsetzen. Für die Praktiker unter den Bewerber-Beratern 2 x 7 praktische Tipps zur Weitergabe an ihre Mandanten:

7 Sätze zum Anschreiben
1. Ihr Anschreiben auf ein Stellenangebot ist nichts anderes als dieses Angebot. Formuliert aus Ihrer Sicht.

2. Sich initiativ zu bewerben entschuldigt noch lange nicht, dass man seine künftigen Aufgaben nicht weiß.

3. Hinter dem Nebel der Allgemeinplätze lauert als Abgrund die Absage.

4. Geben Sie dem Anbieter drei Dinge: Was der Anbieter verlangt. Was er erhofft. Und was er nicht zu erhoffen wagt.

5. Setzen Sie zwischen »Sehr geehrte...« und »Mit herzlichen Grüßen« gern noch weitere Höflichkeiten in den Text? Dann stopfen Sie Sägemehl in ein Sandwich.

6. Anschreiben ist Vorsprechen auf einer Bühne. Sie haben sehr wenig Zeit. Sie wissen nicht, ob einer dort unten im Halbdunkel sitzt und zuhört. Fangen Sie sofort mit dem Wichtigsten an.

7. Schauen Sie in Ihr Anschreiben wie in einen Spiegel. Wenn Sie sich nicht selbst sehen können, dann sieht Sie keiner. Wenn Sie sich selbst nicht in die Augen sehen können, will Sie keiner.

7 Sätze zum Lebenslauf
1. Aus Sicht eines Personalers arbeiten Sie dem Personaler zu. Für ihn ist Ihr Lebenslauf deshalb ein Arbeitsblatt.

2. Wo Sie jetzt stehen, ist entscheidend. Wo Sie jetzt stehen, steht im Lebenslauf möglichst weit oben.

3. Wiegen Sie Ihre Daten für den Lebenslauf so sorgsam ab wie die Zutaten beim Backen.

4. Kein Datenblatt ist so lakonisch, als dass sich nicht doch noch etwas herauskürzen lässt.

5. Kleine Geister teilen Informationen klein auf.

6. Legen Sie eine zweispaltige Tabelle an. Teilen Sie die beiden Spalten im Goldenen Schnitt. Jetzt haben Sie einen Grundstock gelegt. Darauf können Sie ein Arbeitsleben lang bauen.

7. Lesen Sie Ihr Anschreiben wie ein Drehbuch: Läuft Ihr Werdegang wie ein Film vor Ihren Augen ab? Dann werden Sie auch Ihr Publikum finden.