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Friederike Müller-Friemauth, Rainer Kühn:
Ökonomische Zukunftsforschung. Grundlagen – Konzepte – Perspektiven

ISBN: 3658143908
Erscheinungsjahr: 2017
Springer Gabler

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Neu denken!
        


 
ukunftsforschung sei wie die Pralinenschachtel von »Forrest Gump«, meinen Friederike Müller-Friemauth und Rainer Kühn: Man wisse nie, was man bekommt. Während die einen vorauseilend kapitulieren (»Zukunftsforschung kann niemals eine Wissenschaft sein«), betätigen sich andernorts technologisch hochgerüstete Prognostiker, um die Zukunft vorauszuberechnen genauso wie Visionäre am Werk sind, die Wunschbilder von der Zukunft zeichnen. Es ist leicht nachzuvollziehen, dass in der Wissenschaftswelt die Zukunftsforschung nicht den besten Ruf genießt. Daher machen sich die beiden Autoren des Buches Ökonomische Zukunftsforschung daran, das ramponierte Image der Disziplin aufzupolieren. Und dabei machen sie es sich zu keiner geringeren Aufgabe als gleich einmal eine neue Form von Wissenschaft zu entwerfen.

»Denn wenn die Zukunft anders sein wird als die Gegenwart ist, muss man auch anders über sie denken und sprechen, als heute gedacht und gesprochen wird.« Diese Erkenntnis bildet den Ausgangspunkt für Müller-Friemauth und Kühn in ihrem »Kampf gegen Windmühlen«. Zukunftsforschung verstehen sie als den Versuch, abseits ausgetrampelter Pfade zu gehen, anders wahrzunehmen und Dinge anders zu bewerten als gewohnt – und dies, obgleich es Denkwerkzeuge nur ansatzweise gibt. Methoden und Ansätze vorzustellen, wie diese Aufgabe gelingen kann, ist Ziel von Ökonomische Zukunftsforschung.

Denn in einer Welt, die heute häufig mit dem Schlagwort VUCA (volatility⁄Volatilität, uncertainty⁄Ungewissheit, complexity⁄Komplexität, ambiguity⁄Mehrdeutigkeit) umschrieben wird, funktionieren die alten Instrumente der Vorschau nicht mehr. Weil sich die Prognostik auf Vergangenheitswerte stützt, das Umfeld aber dynamisch, unübersichtlich und schwierig zu bewerten ist, lässt sich mit Vorhersagen nur schwerlich arbeiten.

Weil insbesondere für Unternehmen erfolgreiches Agieren unter VUCA-Bedingungen lebenswichtig ist und angesichts steigenden Wettbewerbsdrucks der Ruf nach immer neuen Innovationen stets lauter wird, bietet Zukunftsforschung – im beschriebenen Sinne verstanden – vor allem für die Welt der Wirtschaft neue Chancen. Daher nehmen, wie der Titel des Buches besagt, Friederike Müller Friemauth und Rainer Kühn insbesondere die Ökonomie in den Blick, wenn sie Zukunftsforschung als Möglichkeit beschreiben, einen Zugang zu Veränderungen zu ermöglichen, neue Wege zu beschreiten und Althergebrachtes über den Haufen zu werfen.

Zukunftsforschung setzt daher nach Meinung der Autoren früh an: Es geht erst einmal darum, Erscheinungen, die neu sind und zu denen noch keine Erfahrungswerte existieren, denkbar zu machen, sie überhaupt erst der Möglichkeit einer Auseinandersetzung mit ihnen zuzuführen. Für die beiden Sozialwissenschaftler bedeutet die Abkehr von der Prognostik, die Zeitlogik vor die Sachlogik zu stellen und dies setzt voraus, Mut zum Vagen zu haben. Die Relevanz ist wichtiger als die Präzision. Radikale Innovationen sind kaum zu erreichen, orientiert man sich lediglich an Kennzahlen. Es lässt sich zwar angenehm leben, bringt man das Bewährte zur Perfektion und schwimmt im Strom des Angesagten gut mit. Wollen Unternehmen aber herausstechen und der Normalität entfliehen, sind neue Werkzeuge nötig. Zukunftsforschung erweist sich somit als wirkungsvolles Instrument, Veränderungen herbeizuführen und bietet sich daher für den Einsatz in Unternehmensentwicklung und Innovationsmanagement an. Die Erklärungskraft des Buchansatzes veranschaulichen die Autoren mit Hilfe von praktischen Beispielen, die jeweils Konsequenzen und Wirkungsweise der Verfahren der Zukunftsforschung aufzeigen.

In einer Zeit, in der der Anspruch besteht, auf Basis der riesigen Datenmassen, die heute verfügbar sind, zu neuen Erkenntnissen – auch über die Zukunft! – zu gelangen, bildet das Buch von Müller-Friemauth und Kühn einen wohltuenden Kontrapunkt. Denn die beiden Autoren gehen von der Prämisse aus, dass die Zukunft sich von der Gegenwart unterscheide und das Morgen sich daher nicht aus dem Heute ableiten lasse. Daten können in dieser Logik zwar Hilfsmittel, aber nicht Werkzeuge der Zukunftsforschung sein.

In Zeiten wachsender Komplexität und Ungewissheit mit vielfältigen Problemlagen einen funktionierenden Werkzeugkasten zur Hand zu haben, um sich mit der Zukunft zu befassen, kann kaum überschätzt werden. Wer gewappnet sein möchte, für das, was kommt und sich nicht auf ein »Hinterher ist man immer schlauer« zurückziehen möchte, dem sei das Buch von Friederike Müller-Friemauth und Rainer Kühn wärmstens ans Herz gelegt. Behaupten die beiden Autoren doch aufmunternd, man könne schon vorher schlauer sein.