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Peter Plöger:
Arbeitssammler, Jobnomaden und Berufsartisten. Viel gelernt und nichts gewonnen? Das Paradox der neuen Arbeitswelt

ISBN: 3446417672
Erscheinungsjahr: 2010
Hanser Verlag

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Leben am Rande des Existenzminimums
        


 
rbeitssammler schlagen sich durch, mal in einer Festanstellung, mal in Teilzeit, mal halbtags, oft als Selbständige, mit viel Optimismus, Ausdauer, Einfallsreichtum und Witz. Trotzdem bleibt es, was es ist: ein Durchschlagen.« Für Peter Plöger ist die neue Arbeitswelt ein Paradox: Immer mehr hochqualifizierte, motivierte und leistungsbereite Menschen sind in prekären Arbeitsverhältnissen tätig; Mehrfachjobs, die ständige Gefahr, unter das Existenzminimum zu rutschen und unsichere Zukunftsaussichten sind längst nicht mehr die Domäne von Geringqualifizierten. In seinem Buch Arbeitssammler, Jobnomaden und Berufsartisten macht Plöger aufmerksam auf ein Segment der Arbeitsgesellschaft, das von Politik und Öffentlichkeit, wie er meint, kaum wahrgenommen wird, obwohl es sich immer stärker ausweitet. Dem Motto »viel Arbeit, wenig Geld, keine Sicherheit« folgen immer mehr Menschen – auch solche mit guter Ausbildung.

Peter Plöger beschreibt in seinem Buch die Auswirkungen der Flexibilisierung des Arbeitsmarktes in den letzten Jahren und führte dazu Interviews mit »Arbeitssammlern«: Die einen haben einen »Brotjob«, der ihnen das Leben finanziert und daneben gehen sie ihrer »eigentlichen« Arbeit nach; andere verfügen über breit gestreute Kompetenzen und arbeiten einmal hier und einmal da; wiederum andere gehen keinerlei Kompromisse ein, gehen mit Leidenschaft ihrem Beruf nach, dem sie ihre gesamte Zeit widmen möchten. Ihnen allen ist gemein, dass sie sich mit einer Kombination aus Jobs durchschlagen, die sie gerade über Wasser hält – aber nicht mehr: Urlaub oder Zahnersatz könne man sich nicht leisten.

Dabei sind sie häufig besser qualifiziert als ihre festangestellten Kollegen. Auf eben diese Menschen hatten schon 2006 Holm Friebe und Sascha Lobo einen Blick geworfen und in ihrem Buch Wir nennen es Arbeit das Schlagwort von der »digitalen Boheme« geprägt. Damals ging es um die neue Freiheit, die vor allem Medienschaffende mit Laptop im Homeoffice oder im Internetcafé genießen würden: Aus den Fesseln der Festanstellung befreit, geht man nur noch solchen Tätigkeiten nach, die dem Anspruch eines freien und selbstbestimmten Arbeitslebens gerecht werden.

Peter Plöger streitet nicht ab, dass die neue Arbeitswelt auch neue Freiheiten bringt. Für seinen Geschmack zu stark stand jedoch in der Vergangenheit die digitale Boheme mit all ihren Vorteilen und Annehmlichkeiten im Vordergrund der Betrachtung. Dabei ging völlig unter, dass Selbstbestimmung mitunter auch zu Selbstausbeutung führen könne. Die digitale Boheme sei nur die Spitze des Eisbergs, der weitaus größte Teil der neuen Arbeiterschaft schlägt sich mit prekären Arbeitsverhältnissen herum. Für Plöger, der selbst mehrere Jobs innehat und daher aus eigener Erfahrung spricht, sind die Arbeitssammler eine »unfreiwillige Avantgarde«: Der Arbeitsmarkt verändert sich und es wird nicht ausbleiben, dass jeder mehr Verantwortung für die eigene Arbeit zu übernehmen hat, dass jeder sein eigener Unternehmer wird. Eben dies leben die Arbeitssammler schon heute und nehmen so die zukünftige Entwicklung vorweg.

Leider tendiert Plöger dazu, diese Veränderungen nicht als Chance, sondern als verlorene Sicherheiten zu beklagen. Positiv anzumerken ist, dass der Autor mit seiner Schilderung der prekären Verhältnisse auch einen Appell an die Politik richtet. Er ruft dazu auf, sich nicht länger an das Normalarbeitsverhältnis zu klammern, das es immer weniger geben wird. Die neuen Bedingungen seien zu akzeptieren, die Arbeitswelt ist vielfältiger geworden und man müsse sich an die neuen flexiblen Arbeitsbedingungen anpassen.