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Nicholas Carr:
The Big Switch. Der große Wandel. Die Vernetzung der Welt von Edison bis Google

ISBN: 3826655087
Erscheinungsjahr: 2009
mitp-Verlag

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World Wide Computer
        


 
u Zeiten als Computer noch keine Selbstverständlichkeit waren, formulierte Microsoft-Gründer Bill Gates seine Vision des Personalcomputers auf jedem Schreibtisch. Inzwischen hat sich das Client-Server-Modell durchgesetzt. Computer stehen tatsächlich auf beinahe jedem Schreibtisch und sind ausgestattet mit einer Vielzahl von (Microsoft-)Programmen. Es mehren sich jedoch die Zeichen, dass dieses Modell nicht in alle Ewigkeit Bestand haben wird. Nicholas Carr sagt in seinem neuen Buch The Big Switch voraus, dass die Art und Weise, wie wir Computer nutzen, sich radikal ändern wird: Der Personalcomputer werde verdrängt von der »Wolke«, allen möglichen Computerservices, die über das Internet in Anspruch genommen werden können anstatt lokal auf dem eigenen Computer zu laufen.

Nicholas Carr hat in der Branche schon einmal für Aufruhr gesorgt, nämlich als er 2003 in seinem Artikel IT Doesn’t Matter, erschienen in der Harvard Business Review, bestreitet, dass Unternehmens-Computersysteme trotz der vielen großartigen Behauptungen über ihre Leistungsfähigkeit für den Erfolg eines einzelnen Unternehmens sonderlich wichtig wären. Sie seien zwar notwendig, aber mittlerweile so weit verbreitet und damit austauschbar, dass sie keinem Unternehmen mehr einen Wettbewerbsvorteil verschaffen würden. Seitdem hat der Mann einen Namen in der IT-Branche, versuchten doch die Großen der Branche nach dieser Veröffentlichung seine Ideen anzugreifen: Steve Ballmer, CEO von Microsoft, bezeichnete die Theorie schlichtweg als »Quatsch«, für Carly Fiorina, damals Chefin von Hewlett-Packard, war sie »vollkommen falsch« und Intel CEO Craig Barrett entgegnete: »IT matters a whole lot!«.

An seine damals formulierten Gedanken knüpft Carr mit The Big Switch an. Er vergleicht Informationstechnologie mit Elektrizität und sagt eine parallele Entwicklung voraus. Zu Zeiten der Industrialisierung verfügten Unternehmen über ihre eigene Stromerzeugung. Bald wurde dies jedoch unwirtschaftlich und große Kraftwerke versorgten die Unternehmen mit Strom. Es stellt sich ja tatsächlich die Frage, warum sich etwa ein Automobil- oder Möbelfabrikant auch als Energieerzeuger betätigen soll. Eben diese Frage stellt sich auch für die Informationstechnologie: Da diese zur Versorgungsleistung werde, sagt Nicholas Carr ein baldiges Ende der traditionellen IT-Abteilungen voraus.

Das elektrische Netz ist für uns so selbstverständlich, dass wir uns gar nicht bewusst sind, »ins Stromnetz zu gehen«, jedes Mal, wenn wir ein Bügeleisen benutzen. Genauso werden wir Computerleistung betrachten. Über das Internet aufrufbar, wird sie bald so allgegenwärtig sein, dass wir deren Nutzung kaum noch als »ins Internet gehen« verstehen werden. PCs werden immer mehr zu bloßen Terminals, mit denen wir auf die weiten Möglichkeiten des Netzes zugreifen können, nicht länger sind wir auf die Welt unserer Festplatte beschränkt. Die Informationsanbieter im Netz, wie etwa Google, das schon heute eine breite Palette von Services (Schreib-, Tabellenkalkulationsprogramme) über das Internet anbietet, werden dadurch zu Versorgungsdienstleistern wie Wasserwerke oder Telefongesellschaften.

Diese Entwicklung ist einerseits natürlich Grund zur Freude, da es effizienter ist, Rechner- und Speicherkapazität aus dem Internet zu beziehen als lokal vorzuhalten. Andererseits zeigt Nicholas Carr auch den Preis auf, der mit dieser Entwicklung verbunden ist. Es entsteht eine enorme Abhängigkeit von den Versorgern. Carr erinnert an die mangelhafte Transparenz bezüglich Datenschutz und Privatsphäre, die Google oft vorgehalten wird. Auch warnt er vor dem Aufstieg einiger weniger Unternehmen, die sich der kostenlosen Arbeitskraft der breiten Masse der Internetnutzer bedienen, wie dies etwa YouTube oder Wikipedia vormachen. The Big Switch ist also keine Lobeshymne auf neue technische Entwicklungen, sondern Carr betont, wie wichtig es ist, sich auch mit den Nebenwirkungen der Umwälzung des Client-Server-Modells zum »Utility-Computing« zu befassen.

Daher ist The Big Switch nicht nur ein Buch für Technik-Begeisterte, sondern auch für diejenigen, die sich für Änderungen im Gesellschafts- und Wirtschaftssystem interessieren. Die Verknüpfung von Analyse, Daten und Anekdoten macht das Buch zu einer spannenden Lektüre. Insgesamt ist The Big Switch eine kurzweilige Zeitreise von der Industriellen Revolution bis zur gerade aufziehenden Computerwolke des »Utility-Computing«.