Z_punkt GmbH (Hrsg.): Zukunftsforschung und Unternehmen. Praxis, Methoden und Perspektiven
Karlheinz Steinmüller, Rolf Kreibich, Christoph Zöpel (Hrsg.): Zukunftsforschung in Europa. Ergebnisse und Perspektiven
ie hohe Änderungsgeschwindigkeit in Wirtschaft und Gesellschaft, globale Verflechtungen und Abhängigkeiten, ein rasant technologischer Fortschritt: all diese Entwicklungen lassen Zukunft heute ungewisser denn je erscheinen. Entscheidungsträger in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft müssen die langfristigen Entwicklungen und Umwälzungen in ihrer Umwelt im Blick behalten, denn diese fordern neue Handlungsmuster und Strategien.
Besonders in unserer von Krisen geschüttelten Wirtschaft gewinnt der Blick in die Zukunft besondere Bedeutung, da nur mit Innovationen der Weg aus der Wachstumskrise zu bewältigen ist. Wirtschaftliche Krisenfälle sind oft darauf zurückzuführen, dass langfristige Entwicklungen verschlafen werden. Die Etablierung der Auseinandersetzung mit der Zukunft in Unternehmen schiebt dem einen Riegel vor: das Konzept dient der Strategie- und Innovationsentwicklung, der Einführung strategischer Frühwarnsysteme, der Einschätzung neuer Märkte und der Entwicklung neuer Produkte.
Beim Nachdenken über Zukunftsgestaltung und Innovation sollte man nie aus dem Auge verlieren, dass echte Innovationen heute kaum noch im Alleingang durchgeführt werden. Oft fehlt es den Branchen jedoch an einer übergreifenden Innovationskultur, wodurch die praktische Umsetzung in vielen Fällen den technischen Möglichkeiten hinterher hinkt. In diesem Zusammenhang gewinnen Bücher über Zukunftsforschung und –gestaltung einen speziellen Reiz, da sie das Thema in die Köpfe der Entscheider bringen und dazu beitragen, eben jene notwendige Innovationskultur hervorzubringen.
Insbesondere aus dem Hause von Z_punkt, Büro für Zukunftsgestaltung, stammen einige sehr interessante Publikationen, die sich vor allem auf die Zukunftsforschung im Unternehmenskontext konzentrieren.
Mit dem Begriff »Corporate Foresight« fassen Klaus Burmeister und Andreas Neef, die beiden Geschäftsführer des Zukunftsforschungsinstituts Z_punkt GmbH, die neuen Anforderungen an das Management von Unternehmen zusammen. Bei dieser unternehmensbezogenen Zukunftsforschung geht es um die Identifizierung langfristiger wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Veränderungen, die sich auf das Unternehmen auswirken wie auch von ihm positiv genutzt werden können. Beispielsweise zieht der demographische Wandel in den Industriegesellschaften eine stärkere Nachfrage nach seniorengerechten Produkten und Dienstleistungen nach sich.
In ihrem Buch Corporate Foresight widmen sich Klaus Burmeister, Andreas Neef und Bert Beyers den beiden Fragen: Wie funktioniert Corporate Foresight in den Unternehmen tatsächlich? Und: wie sollte Corporate Foresight funktionieren? Schon die Fragestellung impliziert: hier klafft eine Lücke. Und nach Lektüre des Interviews mit Berater und Autor Bernhard von Mutius, welches das Buch eröffnet, wird schnell klar, wo diese Lücke liegt. Wir sind verfangen in alten Denkmustern und folglich tritt von Mutius dafür ein, unser Denken auf den Prüfstand zu stellen und neu auszurichten auf ein mehrdimensionales Denken, das den Anforderungen der Wissensgesellschaft gerecht wird.
In diesem Lichte gibt das Buch sodann eine Beschreibung von Corporate Foresight und der Verankerung im Unternehmen.
Die in vielen Unternehmen vorherrschende Meinung, Zukunft könne vorhergesehen und berechnet werden, muss nach Lektüre von Corporate Foresight revidiert werden. Das wirklich Neue, Ereignisse, die alles verändern, haben wir nicht auf dem Radar. Das müssen Unternehmen wissen und die Grenze zwischen Wissen und Nichtwissen gilt es immer wieder auszuloten. Das Buch schließt mit einem Ausblick ins 21. Jahrhundert. Aufgezeigt werden verschiedene Entwicklungen in Wissenschaft und Technik, die Rolle, die Unternehmen dabei spielen und ihre Wechselwirkung mit der Politik.
Der Einsicht, dass Praxis, Arbeitsweise und Erfahrungen der Zukunftsforschung kaum systematisch untersucht sind, entspringt die Publikation Zukunftsforschung und Unternehmen. Z_punkt will mehr über Motivationen, Zielsetzungen, Verfahren, Instrumente und Organisationsformen der Zukunftsforschung in Unternehmen herausfinden und legt eine empirische Studie vor, die dem Wandel der Beziehung von Zukunftsforschung und Unternehmen nachgeht. Die Ergebnisse der Untersuchung basieren auf Literaturrecherchen sowie Befragungen von Unternehmen und beantworten die Fragen, welche Themen für Unternehmen interessant sind und welche Umweltinformationen sie aufnehmen, mit Hilfe welcher Methoden Informationen verarbeitet werden, wie Entscheidungen zustande kommen und wie Unternehmen ihre Zukunftsforschung organisieren. Die Autoren zeichnen die Entwicklung der Zukunftsforschung nach und kommen zu dem Schluss: Zukunftsforschung hat die Unternehmen erreicht.
Zukunftsforschung und Unternehmen ist nach Sprache, Stil und Darstellungsform zu urteilen an ein breites Publikum gerichtet. Dem aufmerksamen Leser entgeht kaum, dass es den Autoren nicht zuletzt um eine Stärkung der Zukunftsforschung in Unternehmen geht.
In dem Sammelband In the long run lassen die Herausgeber Klaus Burmeister und Andreas Neef eine Reihe von Experten zu Wort kommen. Der Bogen der Artikel spannt sich von der Bedeutung des Langfristdenkens in Unternehmen und Gesellschaft über Best Practices von Corporate Foresight in internationalen Unternehmen verschiedener Branchen bis zur Beschreibung von konkreten Beispielen, wie Corporate Foresight Innovationsstrategien unterstützt.
So stellen etwa Zukunfts-Experten des Energiekonzerns Royal Dutch ⁄ Shell Group dar, wie in ihrem Unternehmen die Szenarioplanung zur Vorbereitung von Investitionen auf den Weltenergiemärkten eingesetzt wurde. Der Elektronik-Konzern Philips nutzt das Internet und neue Medien, um die Kunden an der Planung und Entwicklung neuer Geräte zu beteiligen. Auch Vertreter aus Wissenschaft und Gesellschaft legen aus ihrer Sicht den Bedarf an langfristigen Strategien dar.
Diese Bandbreite an Fallstudien, die einen guten Einblick in die gelebte Praxis der Zukunftsforschung gibt, macht das Buch äußerst lesenwert und zu einer Fundgrube von Anwendungsbeispielen.
Weniger um die Unternehmenssicht als um die Perspektiven jedes Einzelnen von uns geht es in Matthias Horx’ kürzlich erschienenem Wie wir leben werden. Darin entwirft er eine detaillierte Ansicht unseres Lebens nach dem Übergang von einer Industrie- in eine Wissensgesellschaft. Der Blick in die Zukunft reicht von der Geburt über Liebe, Arbeit und Politik bis zum Tod – unser Leben wird durch Globalisierung und technischen Fortschritt geprägt sein. Horx fragt nach den Auswirkungen auf Soziales und Zwischenmenschliches.
Das Buch ist äußerst bildhaft geschrieben und illustriert anhand zweier exemplarischer Lebensläufe – Alya und David werden beide im Jahr 2000 in unterschiedlichen Regionen der Welt geboren – das Zukunftsbild des Autors. Im Umschlagtext wird das Buch als »Synthese aus Science-Fiction und Sachbuch« bezeichnet. Zweifelsfrei entwirft der Autor ein blumig, buntes Bild der Zukunft; ob er sich damit jedoch an Stellen zu weit aus dem Fenster lehnt, diese Frage muss sich der wohl bekannteste Zukunftsforscher des deutschsprachigen Raums schon gefallen lassen. Ob bis 2040 eine Weltarmee realisiert ist, China bis 2050 vollständig demokratisiert sein wird, das kann nur die Zukunft selbst zeigen.
Ein schon etwas älteres Werk ist Zukunftsforschung in Europa, nichtsdestotrotz lohnt sich dessen Erwähnung. Im Fokus dieses Buchs steht insbesondere die Frage, welchen Lösungsbeitrag die Zukunftsforschung zu gesellschaftlichen Problemen – Regierbarkeit, Nachhaltigkeit, Wettbewerbsfähigkeit, europäische Integration – zu leisten vermag.
Das Buch enthält eine Reihe von Beiträgen von Autoren von Zukunftsforschungsinstitutionen aus verschiedenen europäischen Ländern, die zeigen, dass quer durch Europa sehr lohnenswerte Forschungsansätze existieren. Die Artikel setzen sich mit Fragen der Einbindung der Zukunftsforschung in politische und unternehmerische Prozesse, den thematischen Schwerpunkten und zentralen Aufgaben sowie des Methodengebrauchs auseinander.
Es fällt auf, dass sämtliche Beiträge sehr anwendungsorientierte Ansätze beschreiben: zum einen durch ihre Wirtschaftsnähe und zum anderen durch ihre Ansiedlung im Bereich der Politikberatung.
Dass Europa eine Vielfalt an Einrichtungen aufzuweisen hat, die sich mit Zukunftsfragen auseinandersetzen, zeigen auch die im Anhang angefügten 37 Portraits einschlägiger Institute.