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Smart Shopping: Die Rückkehr von »Brick 'n Mortar«
Online Shopping wurde bereits zum Sargnagel des stationären Handels erklärt. Angesichts der großen Beliebtheit und des rasanten Anstiegs des Internethandels verharrte der Einzelhandel lange Zeit in einer Schockstarre. Lösungen waren nicht in Sicht. Online Shops wurden zu Angstgegnern stilisiert und das Heil in der Abgrenzung zur virtuellen Welt gesucht. Dabei kann der Ausweg nur über ein ganzheitliches Handelsverständnis führen.

 

        


 
it der ständig steigenden Beliebtheit von online Shopping wurde dem klassischen stationären Handel bereits das Totenglöckchen geläutet. Im Jahr 2012 haben laut Angaben des Statistischen Bundesamtes rund 42,3 Millionen Deutsche Waren oder Dienstleistungen über das Internet bestellt. Den höchsten Anteil an online-Käufern findet man mit 89 Prozent unter den 25- bis 44-Jährigen, die jüngere (16- bis 24-Jährige) und ältere (45- bis 64-Jährige) Altersklasse folgt mit immerhin noch jeweils 74 Prozent. Angesichts solcher Zahlen ist es nicht verwunderlich, dass die starke Verbreitung des Einkaufens im Netz ihre Spuren im angestammten Geschäft des klassischen Handels hinterlässt.

Lange Zeit schien der Handel keine passenden Antworten auf die Umwälzungen zu kennen, zumal sich mit der fortschreitenden Verbreitung des mobilen Internets das Problem noch zu verschärfen drohte. Ganz im Gegenteil versprechen jedoch Smartphones neue Möglichkeiten für innovative Einzelhändler. Zwar dient das Smartphone den Deutschen nicht unmittelbar für den online Kauf: Nur 10 Prozent aller Internetkäufe werden über ein Smartphone getätigt. Die Spitzenreiter der Altersklasse der 16- bis 24-Jährigen nutzen das mobile Internet zu 16 Prozent für ihre Einkäufe im Netz. Weil die Geräte durch ihre ständige Konnektivität ein Verschmelzen von digitaler und in-store Einkaufserfahrung herbeiführen, könnten sie aber auf ganz andere Weise dem klassischen Handel neue Höhenflüge bescheren.

Für die Konsumenten von heute sind offline- und online-Shopping keine getrennten Welten mehr. Im Internet nach den neuesten Angeboten zu suchen, durch die Stadt zu bummeln oder ein Shoppingcenter zu besuchen – alles verschmilzt zu einem großen Einkaufserlebnis. Anstatt das Netz mit seiner schier unendlichen Produktvielfalt als Gegner zu betrachten, liegt die Zukunft des Einzelhandels daher darin, die virtuelle Einkaufswelt als Erweiterung des eigenen Verkaufsraums zu betrachten. Galt »Showrooming« längste Zeit als Schreckgespenst der Handelswelt, so versteht es der kluge Einzelhändler das Phänomen der bloß guckenden Kunden, die dann im Internet bestellen, zu seinen Gunsten zu nutzen.

Das Zukunftsinstitut widmet sich in seiner Studie Sales Trends* den neuen Chancen in der verunsicherten Handelswelt und gibt auch eine Anleitung, wie Showrooming nicht länger zum Frust für Einzelhändler beiträgt, sondern zur neuesten Strategie wird, um virtuelle und reale Einkaufswelten zusammenzuführen. Vollgepackte Läden werden zunehmend verdrängt durch die Integration von online Auftritten mit Showrooms, die ausgewählte Produkte perfekt inszenieren und den Einkauf in ein Markenerlebnis verwandeln. Dabei wird das limitierte stationäre Sortiment nicht nur durch den Internetshop erweitert, sondern künftig immer öfter auch durch Bestellterminals, an denen ein »stationärer online-Kauf« umgesetzt wird.

Das Ziel des Einzelhandels muss darin bestehen, so das Zukunftsinstitut*, »den vernetzten und jederzeit absprungbereiten Kunden zu binden und neue zu gewinnen«. Weil der Konsument von heute auf allen Kanälen zum Shopping unterwegs ist, muss er entsprechend vielseitig angesprochen werden. Dazu gehören neben den oben genannten online-Bestellterminals auch der Service, online bestellte Waren im Laden der Wahl abzuholen, die Internetabfrage von Verfügbarkeiten in bestimmten Läden sowie Wege zu einer komfortableren Anlieferung (z.B. Same-Day Delivery, Anlieferung zum Wunschtermin).

Auch die Tatsache, dass Kunden zunehmend besser informiert sind, wird zu Umwälzungen im Einzelhandel führen. Das Verkaufspersonal muss »aufrüsten«, um dem Kunden auf Augenhöhe zu begegnen. So prognostiziert das Zukunftsinstitut*, dass Technik immer öfter auch den Beratungs-, Auswahl- und Kaufprozess unterstützen wird. Insbesondere Tablet Computer werden vom Point of Sale nicht mehr wegzudenken sein. Vom Abrufen des Lagerbestandes über die Entgegennahme von Bestellungen bis hin zum Abrufen von Informationen können die verschiedensten Verkaufsprozesse mobil optimiert werden.

Auch Augmented Reality dringt in die Handelswelt vor und werden die Kaufentscheidungsprozesse entscheidend verändern. So helfen etwa app-basierte Shopping-Assistenten mit Hilfe individueller Fitereinstellungen direkt am Supermarktregal bei der Auswahl. Nach den Lieblingsprodukten muss dann nicht länger gesucht werden, das Smartphone führt den Shopper unmittelbar zum richtigen Regal. Außerdem werden Produkte mit QR-Codes ausgestattet sein, die umfangreiche Hintergrundinformationen liefern. überhaupt werden sich QR-Codes nach Ansicht des Zukunftsinstitutes zum Bindeglied zwischen Offline und Online entwickeln. Schaufenster und Plakatwände werden dadurch zu online Shops, in denen rund um die Uhr bestellt werden kann.

Wie die obigen Beispiele demonstrieren haucht das Smartphone dem Einzelhandel nicht nur neues Leben ein, es wird zum »zentralen Scharnier der Kundenbeziehung«*. Weil das Smartphone ständiger Begleiter einer immer größer werdenden Zahl von Menschen ist und darüber hinaus zum Navigator durch den Alltag wird, spielt es auch im Rahmen von Kundenbindungssystemen eine wachsende Rolle. Über die reine Informationsfunktion hinaus, öffnet das mobile Internet Einzelhändlern Möglichkeiten für Service, Kommunikation und Verkauf. An der digitalen, vernetzten Welt führt kein Weg mehr vorbei. Einzelhändler müssen künftig daher stärker jenseits der Kategorien online und offline denken. Denn der Kunde sucht ein durchgängiges Einkaufserlebnis. Ein ganzheitliches Handelsverständnis, ohne Wechsel der Kanäle wird daher die Zukunft des Einzelhandels sein.  

 

* Zukunftsinstitut GmbH (Hrsg.): Sales Trends. Strategien für den erfolgreichen Handel von morgen, 2013