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Wie führt man eigentlich den eigenen Chef?
Wie setzen Führungskräfte des mittleren Managements ihre Ideen und Interessen bei ihren Vorgesetzten durch? Im Sinne einer 360-Grad-Leadership müssen nicht nur die eigenen Mitarbeiter, sondern auch der Chef geführt werden. Der Unterschied besteht darin, dass keine Weisungsbefugnis besteht. Daher gilt es Vertrauen aufzubauen, Erfolge darzustellen und von Lösungen statt von Problemen zu berichten.

        


 
undern Sie sich auch manchmal, warum ein bestimmter Manager befördert wird, obwohl ein anderer Bewerber aus Ihrer Sicht besser geeignet erscheint? Warum erklimmen manche Führungskräfte den steilen Karrierepfad scheinbar mühelos und andere nicht? Die Antwort lautet: Die Karrieresprinter unter den Managern beherrschen 360-Grad-Leadership! Sie führen nicht nur ihre Mitarbeiter und sich selbst, sondern neben ihren Manager-Kollegen auch und vor allem ihren eigenen Chef. Leider wissen die meisten, ob Führungskräfte oder Mitarbeiter ohne Führungsfunktion, nicht, dass und wie man den eigenen Chef führen kann. Dabei ist genau dieses Wissen enorm wichtig für die Karriere. Die entscheidende Frage lautet daher: Wie führt man eigentlich den eigenen Chef?

Natürlich haben Sie gegenüber Ihrem Vorgesetzten keine Weisungsbefugnis. Wenn er sich also von Ihnen führen und anleiten lassen soll, dann kann dies nur auf freiwilliger Basis geschehen. Überlegen Sie doch einmal, von wem Sie sich beruflich oder privat führen lassen, obwohl die Person keine offizielle Befugnis dazu hat? Weshalb nehmen Sie von einem bestimmten Menschen Ratschläge an, die Sie dann auch noch befolgen? Eine Voraussetzung ist, dass Sie der Person vertrauen. Dies tun Sie dann, wenn Sie die Erfahrung gemacht haben, dass diese Ihnen wohl gesonnen ist und Sie in der Vergangenheit wiederholt unterstützt hat. Eine weitere Voraussetzung ist das Wissen, dass diese Person Sie so akzeptiert und wertschätzt wie Sie sind, obwohl sie auch Ihre Schwächen kennt.

Die Grundvoraussetzung, um Ihren Chef zu lenken ist also, dass er Ihnen vertraut und Sie ihn als Menschen und Chef akzeptieren und ihn in seiner Funktion unterstützen. Respektieren Sie Ihren Vorgesetzten nicht, wird er sich von Ihnen nicht führen lassen. Ihr Chef spürt, ob Sie für oder gegen ihn sind. Es kommt noch schlimmer: Wenn Sie Ihre Führungskraft unsympathisch finden, wird er auf Dauer dasselbe für Sie empfinden. Die Folge ist, dass er sich von Ihnen nicht nur nicht führen lässt, sondern Ihnen sogar Steine in den Weg legen wird. Es ist also besser für Sie, wenn Sie die sympathischen Seiten an Ihrem Chef entdecken, denn dann wird er auch Ihre wahrnehmen.

Gibt es den perfekten Chef?
Machen Sie sich außerdem die Stärken Ihres Chefs bewusst. Dass er Stärken hat, steht außer Zweifel, denn nicht umsonst ist er Ihr Vorgesetzter und nicht Ihr Mitarbeiter. Sie können von ihm lernen. Akzeptieren Sie gleichzeitig seine Schwächen. Wenn Sie sich über letztere dauernd aufregen, ist das verschwendete Energie. Die Neurowissenschaftler haben herausgefunden, dass sich die grundlegenden Persönlichkeitsmerkmale des Menschen schon früh ausbilden und kaum ändern. Wenn das gesamte Umfeld Ihres Chefs ihn also bis jetzt nicht verändert hat, werden Sie es als unterstellter Mitarbeiter sicherlich auch nicht schaffen.

Jeder Chef hat Macken, der eine mehr, der andere weniger. Akzeptieren Sie diese. Wenn Sie das partout nicht können, suchen Sie sich eine andere Stelle mit einem neuen Chef. Aber Vorsicht ist geboten: Oft kommt man so nur vom Regen in die Traufe. Den perfekten Chef gibt es ebenso wenig, wie den perfekten Mitarbeiter. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Chef seine Stärken zur Geltung bringen kann und gleichen Sie seine Schwächen aus. So gewinnen Sie ihn nachhaltig als Befürworter und er wird sich gerne auf Sie als Person und Ihren Rat verlassen.

Auch spielt es eine wichtige Rolle, wie Ihr Chef über Ihre Leistung denkt, und das können Sie beeinflussen. Je mehr er sie als Leistungsträger ansieht, umso mehr akzeptiert er Ihre Meinung und richtet sich danach. Machen Sie Ihre Leistung also transparent. Sicherlich kennen Sie den Spruch »Bescheidenheit ist eine Zier.« Tatsächlich ehrt Sie Bescheidenheit im Privatleben, wenn Sie beispielsweise materiellen Wohlstand nicht für jedermann offensichtlich demonstrieren oder Ihre Bildung nicht zur Schau stellen. Im Beruf ist diese Einstellung jedoch völlig unangebracht. Es ist Teil Ihrer professionellen Aufgabe, Ihre Leistung transparent zu machen.

Schaumschläger und graue Mäuse
Viele Menschen vertrauen darauf: »Mein Chef wird schon wissen, was ich alles leiste«. Aus meiner langen Erfahrung mit Führungskräften aller Ebenen weiß ich, dass dem meist nicht so ist. Die Wahrnehmung der individuellen Leistung von Mitarbeitern erfolgt normalerweise aufgrund weniger zentraler Situationen und ist nicht annähernd objektiv. Sorgen Sie also dafür, dass von Ihnen erzielte positive Ergebnisse wahrgenommen werden. Sie wissen: Der Erfolg hat viele Väter, der Misserfolg ist ein Waisenkind. Ist ein größeres Projekt erfolgreich verlaufen, meldet fast jede auch nur irgendwie daran beteiligte Person einen Anspruch darauf an. Wenn aber Sie den größten Teil zu diesem Erfolg beigetragen haben und jetzt bescheiden schweigen, wird er von Ihrem Vorgesetzten auf die Konten der anderen verbucht. Machen sie deutlich, was Sie eingebracht haben.

Für manch einen klingt das nach Schaumschlägerei. Aber Schaumschläger täuschen Leistungen vor, die sie nicht erbringen. Sie aber haben diese wirklich erbracht und das muss klar werden! Reden sie also gegenüber Ihrem Chef über Ihre Erfolge. Bauen Sie in Ihre Powerpoint-Präsentationen öfters mal eine Folie mit dem Titel »Erfolge, die sich sehen lassen können« ein, in der Sie aufzeigen, welche Leistung Sie und gegebenenfalls Ihr Team bereits erbracht haben.

Als Führungskraft sind Sie es Ihren Leuten sogar schuldig, deren Leistung nach außen zu repräsentieren und für einen guten Ruf der Abteilung zu sorgen. Denn jeder arbeitet am liebsten in einem Bereich, der im Unternehmen angesehen ist. Schließlich ist kaum etwas so motivierend wie Erfolg und Ansehen. Und keiner will einen Chef haben, den niemand im Unternehmen wahrnimmt, weil er eine graue Maus ist, von dessen Abteilung man nie etwas Positives hört. Gewöhnen Sie sich also an, in Gegenwart Ihres Chefs nicht von Problemen, sondern von Erfolgen zu sprechen.

Von Lösungen und Erfolgen berichten
Chefs haben es gar nicht gerne, wenn Ihre Mitarbeiter mit einem Problem zu ihnen kommen und dann nach der Schilderung dessen mit großen Augen auf eine Lösung warten. Wenn Sie mal mit einem Problem zu ihrem Vorgesetzten gehen müssen, dann überlegen sie sich vorher mögliche Lösungen. Seien Sie kreativ. Auf Dauer wird Ihr Chef so den Eindruck bekommen, dass Sie jemand sind, der Lösungen liefert statt Probleme. Das schafft Vertrauen und Ihre Meinung wird ihm wichtig sein. Erstaunlicherweise neigen viele sehr gute Leute auf die Frage vom Chef »Wie läuft's denn so?« zum Jammern. Sie hinterlassen so einen schlechteren Eindruck als Mitarbeiter die trotz mittelmäßiger Leistung mehr Positives erzählen.

Zu guter Letzt sollten Sie bedenken, dass es drei Arten von Mitarbeitern bzw. Führungskräften gibt. Erstens gibt es die, von denen man Negatives hört. In der heutigen Zeit haben solche Leute keine große Überlebenschance. Dann gibt es die, von denen man nichts hört. Das kann der Vorgesetzte vielleicht positiv auslegen im Sinne von »Wenn man nichts Negatives hört, dann hat er wohl seine Arbeit bzw. Abteilung im Griff«. Der Chef kann es aber auch anders auslegen, dass dort nämlich nur mittelmäßige Leistungen erbracht werden, weil man nie von etwas Herausragendem hört. Die dritte Gruppe besteht aus den Personen, von denen man regelmäßig etwas Gutes hört. Solche Leute werden befördert. Was hört Ihr Chef von Ihnen?

Wenn Sie die obigen Empfehlungen beachten, schaffen Sie die Voraussetzungen dafür, dass Ihr Chef sich freiwillig von Ihnen führen lässt. Und langfristig könnte diese Vorgehensweise sogar Früchte tragen: Wenn Ihr Chef aufsteigt, wird er Ihnen als seinen getreuen Mitarbeiter bzw. als seine verdiente Führungskraft wahrscheinlich auch einen Aufstieg ermöglichen.