Home         Autoren         Newsletter         Kontakt         Impressum
Soziales Kapital als Erfolgsfaktor
»Networking« ist in aller Munde und beschreibt meist nicht mehr als das alltägliche Beziehungsverhalten. Als soziales Kapital betrachtet sollte »NetzWerken« allerdings stärker als Erfolgsstrategie von Unternehmen Anerkennung finden. Dabei sind nicht nur die einzelnen Mitarbeiter gefordert, sondern auch die Führungskräfte sind gefragt: erfolgreiches Networking ist eine Frage der richtigen Unternehmenskultur.

Fritz Arbeiter und Hubert Lobnig

        


 
rwartungsvoll begrüßt Herr Mittermaier, Kundenbetreuer einer führenden Bank, eine Kundin zum vereinbarten Gesprächstermin. Nach dem Austausch von Höflichkeiten geht es zur Sache: »Ich möchte meinen Yen-Kredit umschulden«, der Kundenbetreuer freut sich über das sich anbahnende Geschäft und sagt der Kundin zu, bis zum darauffolgenden Tag ein optimales Angebot vorzulegen. Nach der Verabschiedung ist guter Rat teuer: da dieses Thema nicht sein Spezialgebiet ist, fragt sich Herr Mittermaier: »Wer könnte mir da weiterhelfen?« Der »Experte« in der Filiale ist in Urlaub und der Filialleiter brummt nur »rufen’s halt in der Zentrale an« und eilt zum nächsten Termin. Ein Kollege, den Herr Mittermaier bei der letzten Bildungsveranstaltung kennen gelernt hatte – und der als Rettungsanker dienen könnte – ist leider nicht mehr im Unternehmen. Jetzt merkt unser Kundenbetreuer plötzlich, dass es besser gewesen wäre, seine Kontakte zu Kollegen in diversen Abteilungen zu pflegen. Bei seiner Suche nach Ansprechpartnern in den möglicherweise zuständigen Abteilungen seiner Bank verschwendet er viel wertvolle Zeit bis er bei der richtigen Ansprechpartnerin landet. Nach umständlichen Erklärungen, diversen Missverständnissen und einige Zeit später hat er endlich das ersehnte Offert – allerdings hat´s einen Tag länger gedauert. Das anschließende Telefonat mit seinem Kunden ernüchtert. Frau Huber hat bei einer anderen Bank abgeschlossen. Der Kundenbetreuer des Mitbewerbers hatte es geschafft, noch am selben Tag ein attraktives Angebot zu erstellen.

Wie können neue Kunden gewonnen und bestehende Kundenbeziehungen gepflegt und weiterentwickelt werden, um die oft sehr ambitionierten Erfolgsziele zu erreichen? Ein Versuch, den Verkauf zu optimieren besteht häufig darin, die bestehenden Geschäftsbeziehungen bis an den Rand der Nötigung auszuquetschen. Eine Gratwanderung, denn eine Überreizung der Kundenbeziehung führt eher zur einer Abwendung des Kunden als zu dem Eindruck, gut betreut zu werden.

Andererseits versuchen viele Vertriebsmitarbeiter mit hohem Ressourceneinsatz als Kundenakquisiteur tätig zu sein und sind dabei auch oft durchaus erfolgreich. Gerade im Vertrieb trifft man häufig auf das Bild des genialen Verkäufers, des Individualisten, der es durch überzeugendes Auftreten, persönliche Superkompetenz und großen Einsatz schafft, die besten Deals abzuschließen. Diesem John Wayne-Modell steht allerdings eine immer komplexere Wirtschaft gegenüber, die in Kundensegmenten, Produktportfolios, Wertschöpfungsketten etc. denkt. John Wayne »sieht alt aus«, denn das Modell des lonely heroes trägt nicht mehr.

Über eine weitere Erfolg versprechende Möglichkeit wird bislang noch eher wenig nachgedacht: Vielfach ist es mit einem guten Netzwerk ungleich leichter neue Kundenschichten zu erobern – und erfolgreich aufgesetzt und gelebt, kann ein Netzwerk auch selbst Früchte abwerfen.

Was ist beim erfolgreichen Networking zu beachten? Die Hauptbotschaften gleich zu Beginn:

:: Die persönliche Grundüberzeugung »Erfolg kann man nicht alleine schaffen« ist günstig.
:: Ein Netzwerk basiert auf Vertrauen.
:: Ein Netzwerk sollte aufgebaut werden, bevor man es braucht.
:: Ein Netzwerk aufzubauen und zu pflegen ist eine Investition.

Veränderungen in Unternehmen verändern den Vertrieb
Die Standardisierung und Automatisierung betrieblicher Abläufe hat mittlerweile auch den Vertrieb erfasst: Strategien und Ziele werden vorgegeben, die Prozesse laufen IT-unterstützt, der Vertriebsmitarbeiter soll diese »nur mehr umsetzen«. Allenthalben wird vom Modell der »Fabrik« gesprochen, in dem der Mensch (in diesem Fall der Kundenbetreuer) technische Systeme bedient, die in ihren Abläufen durchgeplant und deren Schnittstellen klar definiert sind. Nachdem ohnehin alles vorgegeben ist – Wozu soll dann noch ein Netzwerk aufgebaut werden? Diese Frage ist durchaus berechtigt.

Die Antwort dazu liegt in der unterschiedlichen Funktionsweise von technischen und sozialen Netzwerken. Technische Netzwerke verbinden Computer, sie tauschen nur sachliche Informationen aus. Soziale Netzwerke verbinden Menschen und sie basieren auf Informationen, die aber immer und ganz wesentlich gefärbt sind durch persönliche Präferenzen, Emotionen und das Verhalten der beteiligten Personen. So nützen alle Vorgaben nichts, wenn sie nicht »gelebt« werden (ein sehr verbreiteter, aber höchst untechnischer Begriff) und auch vorgegebene Kontakte müssen in der Realität erst durch persönliche Kommunikation zu tragfähigen geschäftstauglichen Kundenbeziehungen werden.

Netzwerke gewinnen heute aber auch durch die einschneidenden Veränderungen wie Fusionen, Restrukturierungen, Ausgliederungen, Einführung neuer Geschäftsmodelle etc. an Bedeutung. Die Konsequenz davon ist oft: der Vertrieb gerät aus dem Tritt, denn Unwägbarkeiten in Produktlinien, Verzögerungen in Entscheidungsprozessen und Unklarheiten in Abwicklungsdetails führen zu Verunsicherungen in der Kundenberatung und hinterlassen am Ende möglicherweise unzufriedene Kunden.

Versuche den Vertrieb neu auszurichten, Vertriebswege zu straffen und die Prozesse zu automatisieren bringen für die Kundenbetreuer in der Praxis eine Reihe von Veränderungen:

:: Die Arbeitsbeziehungen zwischen den Mitarbeitern in den Vertriebsteams bedürfen einer Neudefinition: Wer ist wofür verantwortlich? Wie regeln wir Vertretungsverhältnisse? Wie gehen wir intern mit Spezialwissen um? Wie verteilen wir Ergebnisse?
:: Die bestehenden Kooperationen zu Experten, Produktentwicklern und –abwicklern, aber auch externen Vertriebspartnern geraten ins Wanken, ein Neuaufbau ist erforderlich.
:: Ein Betreuerwechsel beeinflusst bestehende Kundenbeziehungen: »Warum soll ich nun zu einem anderen Kundenberater wechseln, ich war doch bisher mit Frau Stocker hoch zufrieden?«; die Kommunikation im Betreuerwechsel wird zu einer Sollbruchstelle für die Kundenbindung.

Für die Vertriebsmitarbeiter bedeuten solche Veränderungen nicht nur die Übernahme neuer Aufgaben, sie gehen meist mit einem Wechsel bestehender Kooperationen einher und neue Kontaktpunkte in das oft sehr differenzierte »Hinterland« des Unternehmens oder seiner strategischen Partner werden erforderlich. In solchen Umbauphasen muss der Kundenbetreuer nach zwei Seiten hin wirksam werden: außerhalb des Unternehmens, um Kunden, potenzielle Kunden und erfolgsunterstützende Ansprechpartner zu erreichen und nach »innen« um das Zulieferernetzwerk interner Experten und Bereiche optimal nutzen zu können.

Beobachtungen zeigen, dass der Vertrieb hier oft nicht ausreichend oder mit unpassenden Mitteln unterstützt wird. Es herrscht die Meinung, die neuen IT-unterstützten Prozesse sollten eigentlich ausreichend sein, man müsse sich nur an diese halten, die Formulare sorgfältig eingeben und die definierten Pfade beschreiten. Eine Kehrseite bleibt dabei aber häufig unbeachtet: tragfähige Beziehungen ergeben sich nicht automatisch, sie müssen erarbeitet werden und das oft über Jahre hinweg.

Solide aufgestellte Netzwerke können Verkäufern eine Reihe von Vorteilen bringen:

:: Aktuelles und umfassendes Wissen steht zur Verfügung und erhöht die Produktqualität.
:: Entscheidungen können schnell und informiert herbeigeführt werden.
:: Abwicklungsprozesse können beschleunigt werden.
:: Kunden können umfassender betreut werden.
:: Ergebnisse können verbessert werden.

Für den Vertriebsmitarbeiter wird in so einem Umfeld die als Schlüsselkompetenz geforderte »Kontaktfreudigkeit« jedenfalls hart auf die Probe gestellt. Wir meinen, dass es mit dieser auch nicht getan ist, sondern dass es einer Weiterentwicklung in Richtung einer strategischen Networking-Kompetenz bedarf.

Angelpunkte für ein strategisches Networking
Der französische Soziologe Paul Bordieux hat die Summe der Beziehungen, über die eine Person verfügt als soziales Kapital bezeichnet. Es entscheidet über Möglichkeiten zum gesellschaftlichen Aufstieg, es hilft, in bestimmte Positionen zu gelangen und damit zu wirtschaftlichem Erfolg und es ist eine entscheidende Voraussetzung dafür, von anderen »angespielt« zu werden. Die Ausgangsbedingungen sind allerdings sehr unterschiedlich: Während einige Personen von Beginn an gut ausgestattet sind, müssen sich die meisten das soziale Kapital erst erarbeiten. Die Art und Weise, wie wir Beziehungen aufbauen und diese führen ist der Schlüssel zum Aufbau unseres sozialen Kapitals.

Jede⁄r pflegt Beziehungen, die meisten machen sich dazu auch Gedanken. In unseren Seminaren hören wir immer wieder von Teilnehmern, sie würden ohnehin mit verschiedenen Personen kooperieren, sonst würde im Vertrieb ja gar nichts gehen. Wir betrachten Networking aber als mehr als das alltägliche Beziehungsverhalten: Es geht um ein strategisches, aktives und langfristiges Aufbauen und Pflegen von Beziehungen und darum das Netzwerk als gesamtes zu sehen und zu betreiben, also um arbeiten und werken: NetzWerken.

Der Erfolg des NetzWerkens basiert auf den mitgebrachten persönlichen Haltungen, Kommunikationsmustern und dem Verhaltensrepertoire einer Person, geht aber über diese »social skills« hinaus. Es beinhaltet Kompetenzen in strategischer Planung, die Fähigkeiten, mögliche Koalitionen aufzuspüren und diese auch im unwegsamen Gelände zu einem Erfolg zu bringen.

Wer sein soziales Kapital oder seine persönliche Wirksamkeit durch NetzWerken aufbessern möchte, sollte sich klar darüber werden, dass dies nicht von selbst geschieht, sondern einer Investition bedarf. Vier Schritte sind dabei von Bedeutung:

:: strategische Planung und Bewertung des bestehenden Netzwerks (Analyse des sozialen Kapitals)
:: Aufbau neuer Beziehungen
:: Pflege bestehender Beziehungen
:: Auswertung, Neubewertung

Strategie als Ausgangspunkt
Ausgangspunkt aller Netzwerkaktivitäten ist eine solide und aufrichtige Planung und Analyse. Für viele Personen ist das systematische Entwickeln einer Strategie etwas Ungewöhnliches, denn sie werden im Arbeitsleben meistens mit Aufgaben und Zielen versorgt, der eigene Gestaltungsspielraum wird als eher gering eingeschätzt. Zielvorgaben und persönliche Handlungsstrategien müssen einander aber nicht widersprechen, vielmehr können solche Vorgaben hilfreich sein, um eigene Ziele zu orientieren und zu präzisieren – es sei denn, man steht den Vorgaben nicht besonders ambitioniert oder gar ablehnend gegenüber.

Die zu Beginn durchzuführende strategische Netzwerkplanung hat zunächst die Aufgabe, sich über den Zielfokus klar zu werden. Sie geht von einer Zielformulierung aus, d.h. von der Beantwortung der Frage, was ich mit dem Netzwerk im Kern erreichen möchte. Je präziser die Zielformulierung ist, desto leichter sind nachfolgend die Wege zur Zielerreichung zu finden. Andererseits gilt auch: je enger die Zielformulierung ausfällt, umso wahrscheinlicher ist es, dass durch Ereignisse oder Entwicklungen diese immer wieder umdefiniert werden müssen.

Als zweiter Schritt steht nun der Entwurf eines Netzwerkes an, das zur Erreichung dieser Zielsetzungen geeignet ist. Ausgangspunkt ist ein Bild über die Struktur und Funktionalität des bestehenden Beziehungsnetzwerks. Ganz praktisch meinen wir damit tatsächlich das Zeichnen eines Bildes in Form eines Radar-Modells, mit mir als Ausgangspunkt im Zentrum. Die anderen Personen können dann rundherum, auch in eigenen Segmenten (z.B. im Unternehmen, im eigenen Team, in speziellen Branchen etc.) angeordnet werden.

In einer strategischen Netzwerkanalyse setzt man das Netzwerk-Bild mit den Zielen kritisch zueinander in Beziehung, etwa entlang der Frage »Ist das bestehende Netzwerk geeignet, die Zielsetzung zu erreichen?«. Auf diese Weise werden Stärken und Schwächen des bestehenden Beziehungsnetzwerks deutlich und es können Hinweise für das weitere NetzWerken abgeleitet werden. So kann es darum gehen, neue Beziehungen zu suchen und aufzubauen, bestehende Beziehungen zu pflegen oder besser zu nutzen oder auch – dort wo Beziehungen nicht zielführend sind, auf diese nicht mehr weiter zu setzen.

Exkurs: Rollen im Netzwerk
Einzelne Personen können in einem Netzwerk sehr unterschiedliche Beiträge leisten, welche sie durch persönliche Kompetenzen, durch ihre Rolle in Organisationen und im optimalen Fall durch eine Verbindung von beidem ausüben. So gibt es Beziehungs-Manager, die selbst einen guten Überblick über Personen und Netzwerke haben, sozial sehr kompetent und aktiv in ihrem Kommunikationsverhalten sind und insgesamt gut in der Lage sind Beziehungen zu fördern. Weiters gibt es Entscheider, die Einfluss und Akzeptanz haben, um Entscheidungen zu treffen oder herbeiführen zu können. Häufig sind nicht die formalen Entscheider auch wirklich die entscheidenden Personen, sondern deren Unterstützer, Vertraute etc. Weiters gibt es Wissensträger, die über Informationen und Expertenwissen verfügen, die helfen können, den Horizont zu erweitern und Kundenanfragen bestmöglich zu beantworten. Schließlich sind auch direkte Unterstützer hilfreich, die Entlastung bei Engpässen bieten oder auch mal mit anpacken können. Für das eigene Netzwerk könnte man sich überlegen, welche dieser Funktionen ausreichend vorhanden sind, welche zu wenig ausgeprägt sind oder wo es Überbesetzungen gibt.

Aufbau des Netzwerks
Experten raten es einhellig1 2 3 und persönliche Erfahrungen bestätigen es immer wieder: ein Netzwerk erst dann aufzubauen, wenn ich es brauche, ist zu spät. Denn zu diesem Zeitpunkt fehlt oft die Zeit und Kraft, die Beziehungen aufzubauen. Ein nachhaltiges NetzWerken ist also immer auch eine Investition in die Zukunft , es ist mit mit Unwägbarkeiten behaftet, denn es kann gar nicht mit Sicherheit gesagt werden, dass alle diese Beziehungen tatsächlich einen Nutzen bringen werden. Netzwerke sind Optionen, mit ihnen steigt die Chance auf Verbesserungen in der Zukunft.

Worauf ist beim Netzwerkaufbau zu achten? NetzWerken heißt Kontakte und Begegnungen aktiv herstellen, mit Freude und Interesse mit anderen Menschen Gespräche zu führen und Spaß daran zu haben, Beziehungen zu pflegen und langfristig zu gestalten.

Zentraler Punkt beim Netzwerkaufbau ist das eigene »Anschieben«: nicht selten heißt das, sich aus der Komfortzone des eigenen Büros, des eigenen Teams, der Sicherheiten hinaus und in ein fremdes Terrain hinein zu bewegen. Es fällt den wenigsten Personen leicht, den ersten Schritt zu einer Kontaktaufnahme zu machen. Die Angst zurückgewiesen zu werden, das unbehagliche Gefühl, wenn man mit Gleichgültigkeit konfrontiert wird, sind soziale Urängste. Wir fürchten einen Gesichtsverlust vor uns selbst und vor anderen.

Netzwerk-Beziehungen müssen nicht wie Freundschaften gehandelt werden. Sie sind getragen von einem Ziel, einem Interesse an der anderen Person und dem Bedürfnis mit dem anderen etwas gemeinsam zu machen.

Eine kurze hoch aktive NetzWerk-Phase reicht nicht aus, vielmehr geht es darum, das NetzWerken als ein langfristiges Projekt zu betrachten, das bewusst und kontinuierlich betrieben wird. Für außerordentliche NetzWerker ist es allerdings mehr als ein Projekt, sie leben es kontinuierlich und selbstverständlich, im beruflichen und privaten Bereich.

Für den Aufbau sollte bedacht werden, dass wirklich solide Netzwerke sehr differenziert sind und Beziehungen aus unterschiedlichen Lebensbereichen beinhalten: Freundeskreis, Firma, Kollegen aus früheren Arbeitsbeziehungen, Bekannte aus der Ausbildungszeit, Nachbarn, Personen, die man auf Veranstaltungen, im Flugzeug, im Urlaub, beim Sport, beim Hausbau, in Vereinen etc. kennen gelernt hat. Es ist nicht immer erforderlich, allzu viel Zusatzaufwand zu betreiben, viele alltägliche Situationen lassen sich gezielt für einen Netzwerkaufbau nutzen, wenn man einige Regeln beachtet.

Auch wenn man sich ein eher eng gestecktes berufliches Entwicklungsziel vorgenommen hat: es gibt häufig Netzwerkpartner aus anderen Bereichen, die behilflich sein können, das Ziel direkt oder indirekt zu erreichen. Des Weiteren gilt: Jeder Netzwerkpartner hat selbst ein Netzwerk, das bei entsprechendem Anlass von diesem auch angespielt und genutzt wird. So kann sich der Netzwerkeffekt potenzieren, was zum Beispiel sehr ertragreich sein kann, wenn es um Empfehlungen geht.

Die Pflege eines Netzwerks
Pflege, Wartung und Gestaltung eines Netzwerks sind eine herausfordernde, mit erheblichem Aufwand verbundene Arbeit. Aktive Kommunikation ist damit ebenso verbunden, wie das Stiften von Beziehungen im Umfeld, die Empfehlung von Personen, das Geben von Rat und Hilfe. Schließlich ist auch ein »Tracking« der Stammdaten erforderlich, d.h. Daten wie E-Mail Adressen, Arbeitsplatzwechsel, Änderungen im Familienstand, Doktorehren etc. sind immer wieder zu aktualisieren. Nur ein aktives Pflegen ist imstande, ein lebendiges Netzwerk einigermaßen abzubilden.

Was hält ein Netzwerk zusammen? Netzwerke leben von einer langfristig ausgeglichenen Bilanz des Gebens und Nehmens der Partner, aus diesen Tauschhändeln entfalten sie ihre Kraft. Entstehen Schieflagen, so werden Beziehungen unattraktiv, möglicherweise sogar konflikthaft, jedenfalls werden sie auf Eis gelegt und sterben früher oder später ab. Die Bilanzen sind aber auf den ersten Blick nicht immer eindeutig: unterschiedliche Leistungen wie Wissensaustausch und Beziehungsqualität können ins Spiel kommen und emotionale Färbungen spielen eine Rolle. Bei aussichtsreicher »Gewinneinschätzung« einer Beziehung kann aber auch die eine oder andere negative Färbung über einen längeren Zeitraum akzeptiert werden. Allerdings steht eine solche Beziehung immer unter besonderer Beobachtung und man sollte bei wiederholt negativer Einschätzung nicht davor zurückschrecken den Platz zu räumen.

Einen zweiten wichtigen Kitt stellt das Vertrauen dar, das mit wichtigen Netzwerkpartnern aufgebaut wurde. Vertrauen ist ein sehr einflussreicher Faktor: es selektiert zwischen Personen (»wem vertraue ich mehr, wem weniger«), fördert Entscheidungen (»weil ich Dir vertraue, trau' ich mich«) und ermöglicht dem Einzelnen mehr Risiko im Umgang mit anderen, in der Entwicklung von Projekten etc. zu nehmen. Vertrauen und das Potenzial von Kooperationen stehen in einem engen Verhältnis zueinander: je größer das Vertrauen ist, desto intensiver und damit auch erfolgsträchtiger kann die Kooperationstätigkeit ausfallen.

Wer auf Vertrauenswürdigkeit in seinen Beziehungen achten möchte, sollte folgende Grundregeln bei sich berücksichtigen und bei anderen beobachten:

:: Persönliche Beziehungen: Mit wem trifft man sich gerne, wo ist es holprig, wo gibt es Probleme. Das wirkliche Potenzial von Beziehungen zeigt sich in konkreten Kooperationen und nicht im Reden. Die Vertrauensbasis muss sich in diesem Sinne immer wieder neu beweisen.
:: Offene Kommunikation: Eigene Zielsetzungen werden verfolgt, bei gleichzeitigem Respekt gegenüber den Zielsetzungen der anderen. Wenn es gelingt, den Eigennutzen mit dem Nutzen für das Netzwerk ins Gleichgewicht zu bringen, steigen die Chancen für langfristige Erträge.
:: Commitment durch schlüssiges Verhalten: Das wirkliche Commitment zeigt sich durch »gelebte« Prioritätensetzung: Was wird wirklich investiert? Wie werden Versprechungen eingehalten? Wie werden Termine eingehalten? etc.

Denkanstöße für den NetzWerker
Wer ein tragfähiges Netzwerk aufbauen möchte, kann dies nicht nur durch strategisches Denken und ein gutes Selbstmanagement erreichen. Wirklich erfolgsentscheidend sind die vielen sozialen Kommunikationssituationen, denn im Kleinen zeigt sich die große Wirkung. Im Folgenden finden Sie einige Orientierungspunkte für eine netzwerkförderliche Kommunikation. 1 2 3

:: Machen Sie Gespräche zu einem Erlebnis:
Kontakte sind immer kommunikative Begegnungen, die von Ihren Worten und Ihrer Körpersprache leben. Werden Sie zum Kommunikationsprofi. Lernen und praktizieren Sie die feinen Unterschiede der verschiedenen Gesprächsarten. Reden ist Gold, Schweigen ist Silber. Schweigen Sie nur dann, wenn Sie aufmerksam zuhören. Nur wenn Sie auf andere zugehen und etwas sagen, werden Sie auch Menschen kennen lernen. Reden Sie nicht blind drauflos. Das, was Sie sagen, sollte immer positiv sein und Ihr Gegenüber persönlich betreffen. Überlegen Sie, was für die Situation und den Gesprächsablauf passend ist. Unterscheiden Sie sich in dem, was Sie sagen, von anderen. Seien Sie prägnant. Erzählen Sie Geschichten. Unterhalten Sie andere, indem Sie kleine Ereignisse emotional ansprechend darstellen.

:: Seien Sie aufmerksam und dem anderen zugewandt und suchen Sie Gemeinsamkeiten:
Wenden Sie sich jedem Menschen mit voller Aufmerksamkeit zu. Schauen Sie ihn an, und lassen Sie ihn Ihr Interesse und Ihre Anteilnahme auch spüren. Interessiert zu fragen ist besser, als das Gegenüber mit Feststellungen zuzuschütten. Ihr Interesse an dem anderen darf nicht taktlos sein und dadurch seine Intimsphäre verletzen. Seien Sie immer ein guter und interessierter Zuhörer. Stellen Sie Brücken über Gemeinsamkeiten (Interessen, Tätigkeiten, Vorstellungen, Erfahrungen) zum anderen her. Versuchen Sie in jedem Gespräch Gemeinsamkeiten zu finden bzw. zu vertiefen.

:: Stellen Sie sich gekonnt vor:
Lernen Sie, sich einprägsam vorzustellen. Wie Sie das genau machen, sagt viel über Sie aus. Haben Sie den Mut, sich anderen zu präsentieren. Wenn Sie bemerkt werden und bekannt sind, können Sie mühelos Ihre Kontakte vervielfältigen! Ihre Vorstellung darf niemals übertrieben oder peinlich sein. Sie sollte aber auch nicht zu schüchtern und abwehrend, also zu bescheiden ausfallen, muss sich aber von den Kundenbetreuern ihrer Mitbewerber unterscheiden.

:: Werden Sie Meister im Small Talk:
Bei diversen Kundenveranstaltung kann man immer wieder erleben, dass die kleine Unterhaltung dazu dient, sich kennen zu lernen, Kontakte aufrecht zu erhalten und ernsthafte Gespräche vorzubereiten, Der Small Talk ist nicht dazu geeignet, Probleme zu diskutieren oder Konflikte zu lösen, Meiden Sie kontroverse Themen der Politik, Religion und Weltanschauung. Humor ist dann angebracht, wenn er nicht auf Kosten anderer geht, sondern positiv und unterhaltend wirkt. Small Talk funktioniert nur dann, wenn die Grundhaltung positiv ist.

:: Bleiben Sie im Kontakt mit anderen:
Stellen Sie zu den Menschen, die Sie kennen gelernt haben immer wieder eine Beziehung her. Die Mittel dazu sind vielfältig: telefonieren, schreiben, treffen und besuchen. Treten Sie immer wieder mit dem anderen in Kontakt, auch wenn Sie ihm nichts verkaufen wollen und kein konkretes Anliegen haben. Erst wenn Sie Kontakte der Kontakte wegen pflegen, werden daraus Beziehungen.

:: Bedanken Sie sich:
Für alles, was Sie erhalten, sollten Sie sich bedanken: eine Einladung, die Teilnahme an einem Essen, ein interessantes Gespräch, wichtige Informationen, nützliche Tipps und Ratschläge, Präsente und alle anderen »Kleinigkeiten«. Bedanken Sie sich aber niemals, bevor Sie etwas erhalten haben, sondern immer danach. Bedanken Sie sich nicht pauschal, sondern konkret mit einer detaillierten Beschreibung, welchen Wert das Erhaltene für Sie hat. Benutzen Sie das Bedanken auch als Anlass, den Kontakt zu Personen herzustellen.

:: Reden Sie nicht schlecht über andere:
Negativer Klatsch und Tratsch ist manchmal recht vergnüglich und schafft eine Gemeinsamkeit mit dem Gesprächspartner. Wenn Sie aber über ihren Mitbewerber im umkämpften Markt schlecht reden, erhalten Sie dafür im Endeffekt nur Minuspunkte: von Ihrem Gesprächspartner und von dem Objekt Ihres Tratsches, wenn derjenige davon erfährt und man könnte sich zu Recht fragen: wird hinter meinem Rücken auch über mich schlecht geredet?

:: Machen Sie Komplimente, und nehmen Sie Komplimente an:
Komplimente zu machen bedeutet nicht, leere Schmeicheleien zu verteilen. Suchen und finden Sie bei den Menschen positive Eigenschaften und Verhaltensweisen, und sagen Sie ihnen, wie sehr Sie diese schätzen. Weisen Sie Komplimente, die andere machen, nicht zurück oder werten Sie diese ab. Wenn Sie ehrlich erfreut sind, zeigen Sie es auch und bedanken sich für das Kompliment.

:: Vermitteln Sie Kontakte:
Wer NetzWerken betreibt, will nicht nur selbst Kontakte haben, sondern soll immer auch anderen Kontakte vermitteln. Welchem Kundenbetreuer ist es nicht recht, neue interessante Menschen, welche potenzielle Kunden sein könnten, kennen zu lernen? Überprüfen Sie daher ständig die Mitglieder Ihres Netzwerkes, um Verbindungen unter Ihnen herzustellen. Wer könnte sich für wen interessieren? Wer könnte für wen ein Problem lösen? Wenn Sie selbst einen Kontakt vermittelt bekommen haben, halten Sie den Vermittler über den Verlauf der Beziehung zu dieser Person auf dem Laufenden.

:: Fragen Sie andere um Rat und Hilfe:
Über NetzWerken können Sie nicht nur Menschen kennen lernen und Kontakte pflegen, es basiert auf dem Gegenseitigkeitsprinzip von Rat, Hilfe und Unterstützung. Haben Sie auch den Mut, die Mitglieder Ihres Netzwerkes um etwas zu bitten.

:: Glauben Sie nicht, dass Titel auch Entscheidungsmacht bedeuten:
Die wirklich wichtigen Entscheidungsträger sind häufig nicht diejenigen, die auch die Titel haben, sondern jene, die »Türen öffnen« können, die Hand an der Ausführung haben oder jene, die vieles wissen. Aus der Betrachtung der Organisationsstruktur ist das nicht wirklich herauszufinden. Machen Sie sich in Ihrem Netzwerk auf die Suche nach den wirklichen »Entscheidern«.

:: Unterlassen Sie »Schnorren«:
Wenn Sie mehr bekommen als Sie geben, sollten Sie das sofort als eine Schuld betrachten, die zu begleichen ist. Halten Sie Ihr Investitionskonto eher leicht im Plus und nützen Sie Ihren Bonus für wirklich wichtige Anfragen.

:: Vergessen Sie nicht die Person, die Sie ins Spiel gebracht hat:
Im Laufe der Zeit wird es vielleicht schon etwas »langweilig«, sich immer bei denselben Personen für die Kooperation, Unterstützung etc. zu bedanken. Verändern Sie vielleicht Ihre Formen des Kontoausgleiches, aber vergessen Sie nie drauf.

:: Verlassen Sie sich nicht auf das bestehende Netzwerk im eigenen Unternehmen:
Gerade im Vertrieb ist es immer günstig, wenn Ihr eigenes Netzwerk über den Tellerrand der Firma hinausreicht. Sie bekommen Impulse und Ideen von außen, erreichen Möglichkeiten, die einem intern vielleicht nicht zur Verfügung stehen und gewinnen neue Partnerschaften. Zudem werden Sie Ihren Bekanntheitsradius entscheidend erweitern können.

:: Verwechseln Sie Business-Netzwerke nicht mit Freundschaften:
Es ist nicht auszuschließen, dass Sie mit Freunden auch ins Geschäft kommen können, es ist aber nicht die Regel. Unsere Wirtschaft würde sich sonst wohl noch im Zeitalter des Ackerbaues befinden. Wer Business-Netzwerke mit dem Grad von Freundschaften misst, überhäuft sie mit unrealistischen Erwartungen und kann Enttäuschung ernten. Gehen Sie davon aus, dass auch Ihr Netzwerkpartner das so sieht.

Voraussetzungen auf Seite des Unternehmens
Um NetzWerken in Vertriebsunternehmen erfolgreich einzuführen bzw. umzusetzen ist es erforderlich, passende Rahmenbedingungen und Voraussetzungen auf unternehmenskultureller Ebene zu schaffen.

So sollte das NetzWerken zum Thema im Unternehmen werden und als Erfolgsstrategie Anerkennung finden. Vertriebsmitarbeiter sollten zu mehr Außenorientierung ermutigt und beim NetzWerken gefordert und gefördert werden. Kontaktpunkte nach außen in andere Unternehmen und Branchen sollten nicht als Bedrohung, sondern als Chance gesehen werden, allerdings ist auch auf deren Bearbeitung und Auswertung Wert zu legen, um zu verhindern, dass man in Folge des Soges der Netzwerke die strategischen Grundüberlegungen aus dem Auge verliert.

In Meetings und Besprechungen kann die Kommunikationskultur »Netzwerk-freundlich« gestaltet werden, indem Führungskräfte immer wieder betonen, wie wichtig es ist, über »den Tellerrand« zu schauen und entsprechende Initiativen einbringen.

Weiters ist auf der Ebene der Arbeitsteilung Spezialistentum gefragt: erst wenn jemand besonders kompetent in seinem Gebiet wird, fördert das die Kooperation und das NetzWerken. Ein zentrales Instrument könnte schließlich die Vereinbarung kooperationsfördernder Ziele sein, um vernetztes Handeln zu unterstützen.

Eine Voraussetzung allerdings muss deutlich angeführt werden: Um den Vertriebsmitarbeitern die Möglichkeit des NetzWerkens zu erleichtern, ist es erforderlich, Entscheidungsspielräume für die Mitarbeiter zu schaffen. Damit ist gemeint, dass der Vertriebsmitarbeiter die für den Aufbau, die Pflege und die Wartung seines Netzwerkes notwendigen Mittel (Ausgabenbudget, Kommunikationshardware, Besprechungsplatz, arbeitszeitliche Freiräume) zur Verfügung hat.

Um längerfristig auf eine Stärkung der Vernetzungs- und Beziehungskompetenzen im Sales Bereich zu setzen, sind zusammengefasst, Ansätze auf drei Ebenen erforderlich:

:: eine NetzWerken-Kompetenz der Vertriebsmitarbeiter aufzubauen, die erkennen, welche Beziehungen förderlich sind, die in der Lage sind, diese Netzwerke aufzubauen, zu pflegen und nachhaltig zu nutzen;
:: eine Arbeitskultur zu entwickeln, die in Richtung zielorientiertes Vorgehen geht, bereichsübergreifende Kooperationen fördert und Kontaktpunkte nach außen ermöglicht; besonders gefordert hier: die Führungskräfte;
:: IT-unterstützte Datenbanken einzuführen, die Informationen von und über Kunden und Kundengruppen und die eigenen Produktlinien gut handhabbar und lernend zur Verfügung stellen.4

Somit sind Führungskräfte, Personaler und IT-Dienstleister in Unternehmen gefragt, wenn im Vertrieb das Instrument des NetzWerkens gestärkt werden soll.  

 

1 Ferrazzi, Keith: Never Eat Alone, 2005
2 MacKay, Harvey: Dig your Well before your´re thirsty, 1997
3 Scheler U: Erfolgsfaktor Networking, 2003
4 Geib, Malte; Kolbe, Lutz M.; Brenner, Walter: Customer Relationship Management in Business Networks: Lessons from the Financial Service Industry in Germany and Switzerland, in: MIS Quarterly Executive, Vol 4, 2005