Elke Meyer, Stefanie Widmann:
FlipchartART: Ideen für Trainer, Berater und Moderatoren

ISBN: 3895783374
Erscheinungsjahr: 2009
Publicis Publishing
Kunstvoll präsentieren
        


 
räsentationen sind fester Bestandteil des beruflichen Alltags. Seien es monatliche Ergebnisse und Vorgaben, der Projektüberblick oder auch die Mitarbeiterversammlung. Bei Wikipedia ist nachzulesen, dass ca. 95 Prozent aller Präsentationen durch Microsoft PowerPoint unterstützt vorgetragen werden. Zwischen zehn und 100 Milliarden Folien werden dazu jährlich erstellt. So mag die weite Verbreitung eine hohe Eignung des Programms zur Erstellung interaktiver Präsentationen suggerieren. Doch es steht zu befürchten, dass die Empfänger der 10 Milliarden Folien gefühlt allein in der letzten Arbeitswoche mindestens die Hälfte davon aussitzen mussten. Denn insbesondere bei Präsentationen offenbart sich ein Dilemma unmittelbar – der Anwender. Selten trifft der IT-ler Ausspruch, »90 Prozent der Probleme sitzen vor dem Bildschirm« so sehr ins Mark wie in diesem Zusammenhang. Nur wenige der Anwender beherrschen ihre Präsentationen und die Folien, durch die sie sich begleiten lassen. Dies trifft auch auf andere Präsentationsmedien zu.

Allerdings wagen sich weit weniger Anwender an Medien wie zum Beispiel das Flipchart oder die Pinwand als an rechnergestützte Hilfsmittel. Diese werden dafür ausgiebig genutzt, was PowerPoint im Verlauf seines 25-jährigen Bestehens zu Unrecht in Verruf gebracht hat. So schweift jedoch gerne schon zu Beginn einer Präsentation der Blick der Zuhörenden auf die linke untere Bildschirmecke, um noch rasch, vor Start des Vollbildmodus, einen Blick auf die Folienanzahl zu ergattern. Der Ersteller von Präsentationen biblischen Ausmaßes hat danach die Gewissheit, dass sein Vortrag kollektiv heruntergezählt werden wird. Oder sechzig Folien für eine mit 45 Minuten angesetzte Präsentation? Der erfahrene Zuhörer verschiebt in diesem Fall schon einmal seine Anschlusstermine. Entweder wird der Vortrag überzogen oder der Blick flimmert vom Vorüberziehen eilig durchgeklickter, und nicht selten textreicher, Folien.

Vielleicht sehen Sie vor Ihrem inneren Auge auch eher eine nicht enden wollende Zusammenstellung von Animationen. Einfliegende Textteile, untermauert von schnittigen Tönen und nicht selten begleitet von aufblitzenden, sich zersetzenden Grafiken. Zumindest scheinen Animationen interaktiv. Leider sind sie das zu selten in der entscheidenden Weise. Nämlich in der Interaktion mit dem Zuhörer. Zusätzlich dazu, dass es noch immer Vortragende gibt, die mit dem Rücken zum Raum selbst auf die Leinwand starren und dann Dinge murmeln wie »ja, das steht ja dann auch alles hier« verleitet ein auf Folien gebannter Vortrag zur Passivität. Auf Seite des Publikums scheint ein Film zu laufen, auf Seite des Vortragenden steht schon alles da. Bei manchen Vorträgen scheint selbst der Vortragende nicht mehr zu wissen, was seine Rolle eigentlich ist. Das Bewusstsein, dass sogar eine mit einem flexiblen und finessereichen Programm wie PowerPoint erstellte Präsentation kein Selbstzweck ist, sondern lediglich als Unterstützung für den Vortragenden dient, ist offenbar mancherorts verloren gegangen.

Folgen sie beim nächsten Vortrag den Augen der Zuhörer. Sie werden feststellen, dass der Blick an den Folien haftet, nicht an der Person des Vortragenden. Das bedingt jedoch auch, dass die Ohren des Publikums ebenfalls nicht ganz bei ihm oder ihr sind. Der Zuhörende und -sehende braucht Zeit, um sich mit jeder Folie vertraut zu machen. PowerPoint fordert uns mit allen Sinnen.

Die Arbeit am Flipchart hingegen ist eine Live-Animation. Das Flipchart ist aktiver, unmittelbarer, zwingt zur Fokussierung und rückt den Präsentatoren zwangsläufig in den Mittelpunkt. Dieser kann sich nicht mehr hinter seinen Klicks in die Passivität zurückziehen oder sich selbst von seinen Folien durch den Vortrag hetzen lassen. Das Flipchart kann also auch als Raum zum Innehalten dienen, der Vortragende kann sich neu strukturieren und sich bewusst machen, wie die Informationen aufs Publikum wirken. Das Publikum blickt auf das Flipchart und nimmt die Arbeit des Vortragenden wahr. Die Darstellungen und der Vortrag sind nicht voneinander getrennt, sondern können gemeinsam erarbeitet werden. Wo keine Darstellung vonnöten ist, rücken die Worte des Präsentatoren in den Mittelpunkt. Die Präsentation am Flipchart kann also zu mehr Interaktivität und Effizienz im Vortrag führen. Sie ist zudem auch ein Mittel, um Diskussionen zu leiten, wohingegen PowerPoint lediglich einen Vortrag strukturieren helfen kann.

Allerdings ist auch der Umgang mit dem Flipchart kein sicherer Weg zu einer gelungenen Präsentation. Zur effektiven Anwendung eines Präsentationsmediums benötigt es Expertenwissen. Auch mit Tabellenkalkulationen kann zwar der Praktikant komplexe Formeln ausführen, ohne das Expertenwissen jedoch, zum Beispiel über Controlling und Zusammenhänge in einem Konzern, kann kein sinnvolles Ergebnis erzielt werden. Im Falle einer Präsentation, unterstützt durch welches Medium auch immer, braucht es Expertenwissen um die Art und Weise zu präsentieren. Zu oft wird bei der Erstellung der Präsentation an die Darstellung selbst, nicht jedoch an die Zielgruppe gedacht. Es werden Informationen zusammengehäuft, ohne zu hinterfragen, welche davon tatsächlich von Bedeutung sind.

Zuguterletzt hängt auch von den Inhalten ab, welches Medium das richtige ist. Für die Darstellung der Quartalszahlen ist PowerPoint mit Sicherheit das geeignete Mittel. Für die Herleitung neuer Strategien kann das live und vor Ort erfolgende Zusammenführen am Flipchart die geeignetere Wahl sein, um die Kollegen mitzunehmen.

An der Eignung Microsoft PowerPoints zur Erstellung interaktiver Präsentationen besteht kein Zweifel. Zur Besinnung auf das Wesentliche und zum situationsgerechten Umgang mit Präsentationsmedien sei dennoch aufgerufen. 2012 wird es 25 Jahre her sein, dass Microsoft die Rechte an einem Präsentationsprogramm erwarb und darauf basierend PowerPoint schuf. Zu diesem Jubiläum ist PowerPoint zu wünschen, dass es zukünftig ausgewählter eingesetzt und so ins rechte Licht gerückt wird. An manche Stelle kann und sollte das Flipchart treten.

Aber an welche? Und wie kann der Vortragende am Flipchart selbst komplexe Sachverhalte darstellen, wie Informationen zusammenführen oder es zur Strukturierung von Diskussionen nutzen? Dabei unterstützt das von Publicis herausgegebene Buch FlipchartART. Für Trainer, Berater und Moderatoren zusammengestellte Ideen geben jedem beruflich Vortragenden einen weiten Einblick in den Einsatzbereich des Flipcharts, die Arbeit damit und regen etliche Darstellungen für das Flipchart an, um auch dem wenig zeichnerisch versierten Nutzer den sicheren Einsatz zu ermöglichen. Dabei weist das Buch darauf hin, dass es natürlich auch Momente gibt, in denen elektronische Präsentationsmedien dem Flipchart überlegen sind. In Kombination kann der geübte Präsentator jedoch den Charme und die Vorzüge beider Medien verbinden, um Inhalte nachhaltig zu vermitteln.  

 

URL: http://www.perspektive-blau.de/buch/1111a/1111a.htm