Rückläufige Schattenwirtschaft: Fluch oder Segen?
Schwarzarbeit ist ein Massenphänomen. Die schwarze Arbeit nach Feierabend und deren Nachfrage ist für Deutsche, Österreicher und Schweizer kaum wegzudenken. Nach jahrelangem stetigem Anstieg der Schattenwirtschaft sinkt deren Ausmaß neuerdings. Was soll der Staat unternehmen, damit dieser Trend weiter anhält? Wie können die Millionen schwarzen Arbeitsstunden in Arbeitsplätze der offiziellen Wirtschaft überführt werden?

Friedrich Schneider

        


 
ährend in vielen Ländern auf den offiziellen Arbeitsmärkten die Arbeitslosigkeit erheblich ist, existieren außerhalb der offiziellen Wirtschaft gleichzeitig in beträchtlichem Maße Beschäftigungsmöglichkeiten. Vor diesem Hintergrund werden das Ausmaß und die zeitliche Entwicklung der Schattenwirtschaft heutzutage gerade auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz intensiv und kontrovers diskutiert. Darüber hinaus wird über Möglichkeiten nachgedacht, wie man die schattenwirtschaftlichen Aktivitäten in die offizielle Wirtschaft überführen kann. Der vorliegende Beitrag informiert über die Entwicklung der Schattenwirtschaft in den drei deutschsprachigen Ländern seit 1975, gibt eine Prognose für das Jahr 2006 und einen kurzen Ausblick auf das Jahr 2007.

Die Schätzungen des Umfangs der Schattenwirtschaft basieren auf einer Kombination des Bargeldansatzes mit dem DYMIMIC-Verfahren. Der Bargeldansatz fußt auf der Idee, dass die in der Schattenwirtschaft erbrachten Leistungen bar entlohnt werden, und dass es mit Hilfe einer Bargeldnachfragefunktion gelingt, diese bar entlohnten Leistungen zu schätzen und das Volumen an Schattenwirtschaft zu berechnen. Der DYMIMIC-Ansatz geht von der Annahme aus, dass die Schattenwirtschaft eine nicht direkt beobachtbare Größe ist, die näherungsweise aufgrund von quantitativ erfassbaren Ursachen (z.B. Steuerbelastung, Regulierungsdichte), im Schatten zu arbeiten, und Indikatoren (Bargeld, offizielle Arbeitszeit, etc.), in denen sich Schattenwirtschaftsaktivitäten widerspiegeln, berechnet werden kann.1

Betrachtet man zunächst die Entwicklung der Schattenwirtschaft für Deutschland, so zeigt sich, dass die Schattenwirtschaft seit dem Jahr 2004 rückgängig ist, nachdem sie zuvor über viele Jahre hinweg im Vergleich zur offiziellen Wirtschaft überdurchschnittlich angestiegen war. Betrug die Schattenwirtschaft in Deutschland im Jahr 2003 noch 370,0 Mrd. Euro, so ging sie im Jahr 2004 auf 356,1 Mrd. Euro und nach vorläufigen Berechnungen im Jahr 2005 auf 346,2 Mrd Euro zurück. Im Jahr 2006 wird das Volumen der Schattenwirtschaft in Deutschland der Prognose zufolge weiter leicht sinken und zwar um etwa 0,7 Mrd. Euro auf einen Wert von 345,5 Mrd. Euro.
Da gleichzeitig die offizielle Wirtschaft wächst, verbessert sich die Relation aus Schattenwirtschaft und offizieller Wirtschaft im Jahr 2006 weiter. Während der Wert der Schattenwirtschaft im Jahr 2003 in Relation zum offiziellen BIP noch 17,1 Prozent ausmachte, wird nach dieser Prognose im Jahr 2006 mit knapp 14,9 Prozent ein Wert erreicht, der sogar erstmals wieder unter dem Wert des Jahres 1999 liegt.

Maßgeblich für diese Trendwende bei der Entwicklung des Schattenwirtschaftsvolumens seit dem Jahr 2004 war insbesondere die zum 1. April 2003 eingeführte erweiterte Mini-Job-Regelung, die das Volumen der Schattenwirtschaft nach Schätzungen in den Jahren 2004 und 2005 um insgesamt etwa 9 Mrd. Euro sinken ließ. Ein weiterer Anstieg der Zahl der Mini-Jobs, die bereits in 2005 gegenüber dem Vorjahr nicht mehr gewachsen sind, ist für das Jahr 2006 eher nicht zu erwarten.

Inwieweit die beschlossenen Maßnahmen zur besseren Koordinierung und effizienteren Bekämpfung der Schattenwirtschaft sowie das seit August 2004 in Kraft getretene strengere und neue Gesetz zur Bekämpfung der Schattenwirtschaft zu einer Dämpfung dieser beigetragen haben, ist sehr schwer zu erfassen. Bei den durchgeführten Simulationen zeigt sich, dass durch dieses neue Gesetz die Schattenwirtschaft in Deutschland im Jahr 2005 um etwa 1,0 Mrd. Euro gesunken ist. Insgesamt kann aber bezweifelt werden, dass allein mit strengeren Maßnahmen die Schattenwirtschaft nennenswert eingedämmt werden kann, da der Kontrollaufwand hier doch sehr hoch ist und bei vielen haushaltsnahen Dienstleistungen, die heute schwarz erbracht werden, der Bürger kein Unrechtsbewusstsein hat und diese als Kavaliersdelikte betrachtet.

Auswirkungen von Regierungsmaßnahmen auf die Schattenwirtschaft
Auf das für das Jahr 2006 prognostizierte Niveau der Schattenwirtschaft wirken sich auch einige der von der großen Koalition beschlossenen Maßnahmen aus, wie etwa die Abschaffung der Eigenheimzulage zum 1.1.2006 oder die geplante steuerliche Absetzbarkeit von Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen sowie von Kinderbetreuungs- und Pflegekosten. Diese Maßnahmen werden sich jedoch teilweise kompensieren, so dass im Saldo kein deutlicher Effekt auf die Schattenwirtschaft zu erwarten ist.

Zusammengefasst tragen diese beiden Maßnahmen im Jahr 2006 nach heutigem Kenntnisstand zu einem leichten Rückgang der Schattenwirtschaft um 0,5 bis 0,9 Mrd. Euro bei. Wie sich die mögliche Zusammenlegung der Ich-AG mit dem Überbrückungsgeld zur Mitte des Jahres 2006 auf die Schattenwirtschaft auswirken wird, kann ohne genauere Kenntnis der Details nicht abgeschätzt werden. Auch weitere Maßnahmen, wie z.B. das Heraufsetzen der Buchführungsgrenze bei Neugründungen von 350.000 auf 500.000 Euro oder die Erhöhung der Ist-Umsatzbesteuerung ab dem 1.1. 2006 von 125.000 auf 250.000 Euro, können zurzeit in ihrer Wirkung nicht fundiert abgeschätzt werden. Darüber hinaus ist geplant, die Schattenwirtschaftsbekämpfung zwischen dem Bund und den Ländern besser zu koordinieren.

In 2007 werden dann – zu den bereits oben ausgeführten Wirkungen der Abschaffung der Eigenheimzulage und der steuerlichen Absetzbarkeit von Reparatur-, Kinderbetreuungs- und Pflegekosten, durch welche die Schattenwirtschaft im Jahr 2007 im Saldo um 2 bis 3 Mrd. Euro zurückgehen wird – ergänzend die geplante Mehrwertsteuererhöhung, die geplante Einführung der privaten Einkommensteuer für Personen mit besonders hohem Einkommen, die Anhebung der Versicherungsbeiträge bei den gewerblichen Mini-Jobs von 25 auf 30 Prozent, die Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge um 0,5 Prozentpunkte sowie die geplante Veränderung der Beiträge zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung das Ausmaß der Schattenwirtschaft nachhaltig beeinflussen.

Während die Koalitionsbeschlüsse im Jahr 2006 einen moderaten Rückgang der Schattenwirtschaft bewirken, ist nach heutigem Kenntnisstand für das Jahr 2007 somit insgesamt eine deutliche Zunahme der Schattenwirtschaft zwischen 3.500 und 5.000 Mio. Euro zu erwarten, d.h. der rückläufige Trend in der Schattenwirtschaft wird aller Voraussicht nach beendet sein.

In Österreich hat sich die Schattenwirtschaft von 22,5 Mrd. Euro (Jahr 2003) auf 23,0 Mrd. Euro (Jahr 2004) erhöht, was einer Steigerung von 2,2 Prozent entspricht. Ein wesentlicher Grund für das Anwachsen der Schattenwirtschaft im Jahr 2004 lag in der anhaltend hohen Belastung durch Steuern und Sozialabgaben, die aufgrund der einnahmenseitigen Budgetsanierung in Österreich in den letzten Jahren vorgenommen wurden. Im Jahr 2005 erreichte die Schattenwirtschaft in Österreich lediglich ein Volumen von 22,0 Mrd. Euro – d.h. sie ist zum ersten Mal rückläufig und sinkt um etwa 1 Mrd. Euro. Der prozentuale Rückgang gegenüber dem Vorjahr beträgt 4,35 Prozent! Die Ursache für diesen Rückgang liegt in der zu Beginn dieses Jahres in Kraft getretenen Steuersenkung. Für das Jahr 2006 lassen die Prognosen für Österreich wiederum einen leichten Rückgang der Schattenwirtschaft auf 21,2 Mrd. Euro (d.h., einen Rückgang von 800 Mio. Euro) erwarten, der insbesondere aus dem zum 1.1.2006 in Kraft getretenen Gesetz über den »Dienstleistungsscheck«2 resultieren dürfte. Die Schattenwirtschaft beträgt dann in Österreich 9,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.

In der Schweiz erhöhte sich die Schattenwirtschaft geringfügig von 39,5 Mrd. SFR im Jahr 2003 auf 39,6 Mrd. SFR im Jahr 2004; dies entspricht einem geringen Zuwachs von 0,3 Prozentpunkten bzw. bei Berücksichtigung der statistischen Unschärfe einer Stagnation. Aufgrund der geplanten neuen strengeren gesetzlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Schattenwirtschaft und der teilweise attraktiveren Handhabung von haushaltsnahen Dienstleistungen in der offiziellen Wirtschaft wird die Schattenwirtschaft im Jahr 2005 auf 38,7 Mrd. SFR oder gut 9 Prozent des offiziellen BIP sinken. Dies entspricht einem Rückgang von 900 Mio. SFR oder 2,3 Prozent. Auch in der Schweiz wird für das Jahr 2006 eine rückläufige Schattenwirtschaft prognostiziert. 2006 wird die Schattenwirtschaft in der Schweiz 37 Mrd. Franken oder 8,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes betragen.

Die Schattenwirtschaft ist seit dem Ende der 90er Jahre in den meisten OECD-Ländern rückläufig: So betrug der ungewichtete Durchschnitt der Schattenwirtschaft in den 21 OECD-Ländern im Jahr 1999/2000 16,8 Prozent und wird sich auf 14,5 Prozent im Jahr 2006 reduzieren. Wenn man das Jahr 1997⁄98 als das Jahr, indem in den meisten OECD Ländern die Schattenwirtschaft den höchsten Wert aufwies, heranzieht, dann sinkt die Schattenwirtschaft in 18 OECD Ländern kontinuierlich. Nur in Deutschland, Österreich und der Schweiz hielt der Anstieg der Schattenwirtschaft etwas länger an und ist erst seit zwei bis drei Jahren rückläufig. Der Rückgang der Schattenwirtschaft gemessen als Anteil am BIP ist von 1997⁄98 bis 2006 in Italien mit -4,1 Prozentpunkten sowie Schweden mit -3,7 Prozentpunkten am BIP am stärksten.

Deutschland liegt mit der relativen Größe der Schattenwirtschaft weiterhin im Mittelfeld, während sich Österreich und Schweiz im unteren Drittel befinden. Die südeuropäischen Länder haben Schattenwirtschaften zwischen 20 und 26 Prozent des offiziellen Bruttosozialprodukts und sind nach wie vor Spitzenreiter. Danach folgen die skandinavischen Länder mit einer Schattenwirtschaft zwischen 15 und 16 Prozent.

Aufteilung der Schattenwirtschaft in Sektoren
Im Jahr 2006 entfallen auf das Baugewerbe und das Handwerk etwa 38 Prozent des Schattenwirtschaftsvolumens (39 Prozent für Österreich), gefolgt von den Bereichen »Andere Gewerbe und Industriebetriebe« und Dienstleistungsbetriebe (Hotels, Gaststätten etc.) mit je 17 Prozent (16 Prozent). In sonstigen Gewerbetrieben und haushaltsnahen Dienstleistungen (wie z.B. Nachhilfe, Friseur oder Babysitten) werden 15 Prozent (17 Prozent) des Schattenwirtschaftsvolumens, in der Unterhaltungs- und Vergnügungsbranche weitere 13 Prozent erwirtschaftet. In Deutschland fallen im Bauhauptgewerbe rund 46,0 Mrd. Euro an Schattenwirtschaftsvolumen an. Für das Baunebengewerbe beträgt der Wert 34,2 Mrd. Euro. Die Handwerksbetriebe im Baubereich erwirtschaften »schwarz« 23,7 Mrd. Euro und bei sonstige Reparaturen (Fernseher, Haushaltsgeräte etc.) werden 27,5 Mrd. Euro »schwarz« erwirtschaftet.

Berechnung der »im Schatten arbeitenden« Beschäftigten
In Deutschland betrug die fiktive Zahl der Vollzeit-Inlands-Schwarzarbeiter oder Ganztagsschwarzarbeiter im Jahr 1995 7,3 Mio. Personen und erhöhte sich bis zum Jahr 2006 auf 8,1 Mio. Personen. Aber auch die illegal ausländisch Beschäftigten sind für Deutschland eine nicht zu vernachlässigende Größe: Betrug sie im Jahr 1995 878.000 Personen, erhöhte sich dieser Wert bis zum Jahr 2006 auf 952 Mio. Personen. Ebenso ist der Anstieg in Österreich der Vollzeit-Inlands-Schwarzarbeiter oder Ganztagsschwarzarbeiter beträchtlich: Betrug er 1995 575.000 Personen, so erhöhte sich dieser Wert bis zum Jahr 2006 auf 716.000 Personen. Die Anzahl der illegalen Beschäftigten betrug 1995 75.000 Personen und erhöhte sich bis zum Jahr 2005 auf 98.000 Personen.3

Maßnahmen zur weiteren Reduktion der Schattenwirtschaft
Wirtschafts- und gesellschaftspolitisch stellt sich die entscheidende Frage, was von Seiten des Staates unternommen werden sollte, damit dieser rückläufige Trend in der Schattenwirtschaft weiter anhält oder sich sogar noch verstärkt. Entscheidend ist hierbei die Frage, ob es möglicherweise gelingt, die vielen Millionen Arbeitsstunden oder Millionen von Jobs in der Schattenwirtschaft in offizielle zu überführen. Nur wenn die wirtschaftspolitische Herausforderung bewältigt wird, dass durch den Rückgang der Schattenwirtschaft mehr offizielle Vollerwerbsarbeitsplätze entstehen und damit die Arbeitslosigkeit zurückgeht, wirkt sich das Sinken der Schattenwirtschaft als Segen aus. Entstehen zum Beispiel lediglich mehr Mini- oder Midi-Jobs bedeutet dies zwar einen Teilerfolg, der sich aber als Fluch für die Sozialkassen auswirken kann.

Ob und in welchem Maße die Überführung schattenwirtschaftlicher Tätigkeiten in die offizielle Wirtschaft auf gesetzlichem Wege (d.h. mit strengeren Strafen – wie ja in Deutschland seit August 2004 verwirklicht) gelingt, ist sehr fraglich, da zwei Drittel der Wertschöpfung der Schattenwirtschaft von selbständig und unselbständig beschäftigen Deutschen und Österreichern erwirtschaftet werden, d.h. sie ist ein Massenphänomen zwischen Konstanz und Flensburg und zwischen dem Bodensee und Neusiedlersee. Darüber hinaus haben weder die Deutschen noch die Österreicher ein Unrechtsbewusstsein, wenn sie schwarzarbeiten (oder lassen), da mehr als zwei Drittel der Befragten (Umfrage September 2003) Schwarzarbeit als Kavaliersdelikt betrachten.

Um tatsächlich in noch stärkerem Maße schattenwirtschaftliche Aktivitäten in die offizielle Wirtschaft zu überführen, sollte die Politik vielmehr noch stärker an den Ursachen der Schattenwirtschaft ansetzen, wobei hier in den vergangenen Jahren teilweise bereits Schritte in die richtige Richtung unternommen wurden. Kaum Erfolge gab es bislang jedoch bei dem Versuch, die Lohnnebenkosten, die direkt den Faktor Arbeit belasten, zu reduzieren. Diese Maßnahme ist langfristig sicherlich die wichtigste und effizienteste, die allerdings einen gesellschaftlichen Konsens zu ihrer Durchsetzung erfordert und gegebenenfalls eines Konsenses bedarf, dafür andere Steuern (z.B. auf Energie) zu erhöhen.

Die für 2007 angedachte Erhöhung der Mehrwertsteuer ist für das Volumen der Schattenwirtschaft kontraproduktiv. Nachgedacht werden könnte in Deutschland darüber, die Mehrwertsteuer auf arbeitsintensive Leistungen befristet rückzuvergüten (sog. Luxemburger Modell), um so einen Anreiz zu schaffen, diese Leistungen verstärkt in der offiziellen Wirtschaft nachzufragen. Europäische Nachbarländer mit hohen Mehrwertsteuersätzen haben in den EU-Gremien durchgesetzt, dass sie bestimmte arbeitsintensive Dienstleistungen zumindest mit dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz befristet belegen dürfen. Bei diesen Maßnahmen kommt es sicherlich zu Steuerausfällen, wenn es aber gelingt, damit einen Teil (25-33 Prozent) der bisher schwarz erbrachten Leistungen in die offizielle Wirtschaft zu überführen, würden die Steuerverluste teilweise wieder ausgeglichen. Dieser Vorschlag könnte auf bestimmte Bereiche, z. B. Altbausanierung oder im Gaststätten- oder Tourismusgewerbe eingeführt werden, also Branchen, die besonders von der hohen Abgabenlast betroffen sind.

Abschließend soll noch auf die Frage eingegangen werden, ob eine rückläufige Schattenwirtschaft für Deutschland sowie für die anderen OECD-Länder eher ein Fluch oder ein Segen ist. Wenn man davon ausgeht, dass zwei Drittel der Schattenwirtschaftsaktivitäten komplementär sind, d.h. diese Güter und Dienstleistungen in der offiziellen Wirtschaft ohne Schattenwirtschaft nicht erstellt würden, dann kann eine steigende Schattenwirtschaft insgesamt als Summe des offiziellen und des schattenwirtschaftlichen BIP zu einer höheren Wertschöpfung führen. Ebenso wirkt ein Rückgang der Schattenwirtschaft nur dann wohlfahrtssteigernd, wenn zumindest ein Teil dieser Schattenwirtschaftsleistungen dann in der offiziellen Wirtschaft erbracht werden. Werden diese »schwarzen« Dienstleistungen nicht erbracht, dann sinkt die gesamte (d.h. offizielle und »schwarze«) Wertschöpfung. Es ist daher entscheidend, dass wirtschafts- und finanzpolitische Maßnahmen so gesetzt werden, dass ein starker Anreiz entsteht, diese bislang »schwarz« erbrachten Leistungen in die offizielle Wirtschaft zu überführen, sodass sich das Eindämmen der Schattenwirtschaft dann als »Segen« für die gesamte Wirtschaft auswirken kann.

Darüber hinaus ist zu bedenken, dass staatliche Institutionen durch Steuerausfälle aber insbesondere durch Ausfälle bei den Sozialversicherungs- und Krankenkassen am stärksten negativ von einer steigenden Schattenwirtschaft betroffen sind. Es ist daher also auch bei den finanz- und wirtschaftspolitischen Maßnahmen Sorge zu tragen, dass ein Anreiz entsteht, mehr offizielle Vollerwerbsarbeitsplätze zu schaffen, sodass die Einnahmen bei den Sozialversicherungs- und Krankenversicherungsträgern wieder zunehmen. Nur in diesem Fall wirkt sich ein Rückgang der Schattenwirtschaft auch für die staatlichen Institutionen als Segen aus.  

 

1 Diese Methoden (sowie andere) werden in folgenden Büchern ausführlich dargestellt und einer kritischen Würdigung unterzogen: Schneider, Friedrich: Arbeit im Schatten: Eine Wachstumsmaschine für Deutschland?, 2004; Schneider, Friedrich; Enste, Dominik: The Shadow Economy: An International Survey, 2002
2 Der Dienstleistungsscheck dient ab Januar 2006 in Österreich zur Entlohnung befristeter Arbeitsverhältnisse zwischen Arbeitnehmern und natürlichen Personen für die Erbringung von einfachen haushaltstypischen Dienstleistungen in Privathaushalten. Ziel ist es, für bestehende Schwarzarbeit eine legale Alternative und Arbeitnehmern Sozialversicherungsschutz zu bieten.
3 Die illegal Beschäftigten sind hier nur die, die Schwarzarbeitstätigkeiten nachgehen und nicht z.B. klassisch kriminelle Aktivitäten ausüben.

 

URL: http://www.perspektive-blau.de/artikel/0611b/0611b.htm